ZusammenfassungIn der medizingeschichtlichen Auseinandersetzung mit der Psychiatrie in der DDR
wurde dem Teilgebiet der forensischen Psychiatrie bisher wenig Aufmerksamkeit
geschenkt. In der folgenden literaturbasierten Übersicht sollen daher
wesentliche einführende Aspekte zu dieser Thematik dargestellt werden.
Der inhaltliche Diskurs in diesem Fachgebiet rekurrierte insbesondere auf die
forensisch-psychiatrische Begutachtung im Strafrecht, zu dem u. a. der
bekannteste forensische Psychiater der DDR Hans Szewczyk wichtige
Beiträge leistete. Nach Einführung des Strafgesetzbuches 1968
und den damit einhergehenden rechtlichen Veränderungen zur verminderten
bzw. aufgehobenen Zurechnungsfähigkeit von
Straftäter*innen fand bis Anfang der 1980er-Jahre eine
Diskussion über verschiedene Fragen zur Verbesserung der
Qualität der Gutachten und der Weiterentwicklung der
Gutachtertätigkeit statt. Dabei beschäftigte man sich zwar mit
der Begutachtung der Zurechnungsfähigkeit, nicht aber mit der
Begutachtung der Prognose, was wahrscheinlich aus der Abschaffung des
Maßregelvollzuges 1968 resultierte. Auf die Unterbringung und Behandlung
forensisch-psychiatrischer Patient*innen weisen nur wenige Quellen hin.
Psychisch kranke Straftäter*innen wurden kaum in spezifischen
Abteilungen untergebracht, die auch nur in wenigen Kliniken ab Mitte der
1970er-Jahre errichtet wurden. Vermutlich fehlte es auch an eigens entwickelten
strukturellen Behandlungskonzepten speziell für
forensisch-psychiatrische Patient*innen. Insbesondere für
psychisch kranke Rechtsbrecher*innen mit hoher Delinquenz war aufgrund
der neuen Gesetzgebung nach 1968 eine stationäre Unterbringung dem
Anschein nach kaum möglich. Für den zivilrechtlichen Bereich
weisen insgesamt nur wenige Quellen vor allem auf eine Auseinandersetzung mit
den Themen Entmündigung und Pflegschaft hin.