Das Erstellen und Weitergeben von Kopien dieses PDFs ist nicht zulässig. bezeichnet 3 , dann würde man der Komplexität eines Kusses nicht gerecht werden. Denn Küssen ist mehr als ein Austausch von Speichel. In über 90 Prozent der menschlichen Gesellschaft werden Küsse ausgetauscht und dort wo nicht geküsst wird, gibt es Handlungen, die einem Kuss doch sehr ähnlich sind. Ein Aneinanderreiben der Nase oder ein Lecken über das Gesicht des Partners beschreiben solche Ersatzhandlungen. 4 Doch zu welchem Zweck verhalten sich die Menschen durch verschiedene Kulturen hinweg so ähnlich? Aus biologischer Sicht dient Küssen als Test zur Feststellung der Qualität des Partners, es soll sexuelle Erregung herbeiführen und Bindungsprozesse stärken. Jedoch wurde das Küssen im Laufe der Menschheitsgeschichte kulturell modifiziert und nicht jeder Kuss hat überall die gleiche Bedeutung und ist auch erlaubt. Denn es gibt auch viele Küsse, die nicht sexuell konnotiert sind und die, die es sind, sind meist bestimmten gesellschaftlichen Regeln unterworfen. Zum Küssen gehören immer zwei. Ein Subjekt und ein Objekt. Im Idealfall sind es zwei Subjekte, zwei aktiv Beteiligte, die sich gerne küssen. "Wer küßt, berührt, denn Kuß ist Kontakt. Als Mundkuß sogar stets hüllenloser." 5 Küsse sind Zeichen, haben Signalwirkung und sind symbolträchtig. 6 Wie schon Grillparzer erwähnt hat, können sie ganz unterschiedliche Abstrakta darstellen, wie Hochachtung, Verehrung, Freundschaft, Liebe, Versöhnung und Fürsorge. Diese Bedeutungsvielfalt hat dazu geführt, dass der Kuss in vielen Bereichen der Gesellschaft ritualisiert wurde und somit "Teil standardisierter individueller oder kollektiver Verhaltensweisen […]" 7 geworden ist. Aufgrund seiner Popularität bei den Menschen erfreut sich der Kuss häufig Gegenstand und Motiv in Kunst, Musik und Literatur sein zu dürfen. Auch in die vorliegende Arbeit hat der Kuss Eingang gefunden. Untersuchungsgegenstand wird im Folgenden sowohl die Kusskultur im antiken Rom und Griechenland sein als auch in den abrahamitischen Religionen: Judentum, Christentum und Islam.