Zusammenfassung
Hintergrund
Der Sprachstand 5‑jähriger Kinder wird in Hessen nicht systematisch erfasst. Daher liegen keine Angaben zum Anteil sprachauffälliger Kinder in dieser wichtigen Altersgruppe kurz vor der Einschulung vor.
Fragestellung
Die Studie hatte zum Ziel, den Sprachstand 5‑jähriger Kinder zu beschreiben und soziodemografische Faktoren zu untersuchen, die mit sprachpädagogischem Förder- bzw. klinischem Abklärungsbedarf zusammenhängen.
Matherial und Methoden
Es wurden 263 monolingual deutschsprachige (MON) und 645 multilinguale Kitakinder (MULT) im Alter von 5;0–5;11 Jahren bezüglich ihrer Deutschkenntnisse mit dem Kurztest „Kindersprachscreening“ (KiSS.2) untersucht. KiSS.2-Normwerte für Fünfjährige wurden durch das Studienteam entwickelt. Soziodemografische Merkmale der Kinder und ihrer Familien wurden mit KiSS.2-basierten erweiterten Fragebogen für Eltern und KitaerzieherInnen erfasst.
Ergebnisse
Ein Fünftel der MON und über zwei Drittel der MULT zeigten sich in KiSS.2 als sprachlich auffällig, d. h., ihre Ergebnisse lagen unterhalb der Normwerte. Die große Mehrheit der MULT erwies sich als sprachpädagogisch förderbedürftig. Die Anteile klinisch Abklärungsbedürftiger waren bei MON und MULT vergleichbar. Sprachpädagogischer Förderbedarf war mit eingeschränktem Deutsch-Input außerhalb der Kita assoziiert. Unter den Sprachkontaktvariablen waren es ausbleibende sprachliche Äußerungen beim Spielen, an denen sich klinischer Abklärungsbedarf am besten erkennen ließ. Die meisten Sprachauffälligen, v. a. MULT, wurden weder sprachpädagogisch noch -therapeutisch versorgt.
Diskussion
Da MULT mehr als die Hälfte aller hessischen Vorschulkinder ausmachen, kann davon ausgegangen werden, dass kurz vor der Einschulung die meisten hessischen Kinder sprachauffällig bleiben (in der aktuellen Studie 57 %). Es liegen Hinweise auf eine sprachpädagogische und -therapeutische Unterversorgung von 5‑jährigen Kindern, in erster Linie MULT, vor.