ZusammenfassungIn diesem konzeptionellen Beitrag für die Zeitschrift „Gruppe – Interaktion – Organisation. Zeitschrift für Angewandte Organisationspsychologie (GIO)“ werden leane, agile und soziotechnische Konzepte der Arbeitsgestaltung beschrieben und miteinander verglichen. Vor dem Hintergrund der Digitalisierung benötigen die Akteur*innen betrieblicher Arbeitsgestaltung mehr denn je Orientierungswissen. Derzeit dominieren diesbezüglich Ansätze, die sich an agilen und Lean-Production- bzw. Lean-Mangement-Konzepten orientieren. Punktuell wird auch an soziotechnische Konzepte (STS-D) der Arbeitsgestaltung angeknüpft (insbesondere in der Informatik). Allerdings ist die praktische Umsetzung der Konzepte aber einerseits deutlich diverser und hybrider als es in den Konzepttexten nahegelegt wird. Andererseits lassen sich selbst auf konzeptioneller Ebene nicht immer eindeutige Unterschiede zwischen agilen, leanen und soziotechnischen Prinzipien der System- und Arbeitsgestaltung ausmachen. Es wird dargelegt, dass soziotechnische Konzepte insbesondere aufgrund ihrer Berücksichtigung technischer Arbeitsmittel, ihrer Verfahrenshinweise in Veränderungsprozessen sowie aufgrund des Vorhandenseins von Evaluationskriterien den Herausforderungen der Digitalisierung am adäquatesten zu begegnen scheinen. Agile und Lean-Konzepte sollten folglich um soziotechnische Elemente der Arbeitsgestaltung ergänzt werden.
Vor dem Hintergrund der breit diskutierten Konzepte der Industrie 4.0 bzw. Arbeit 4.0 ist vielfach von einer neuen technischen Revolution, die in disruptiven Sprüngen der Technikentwicklung und -implementierung mündet, die Rede. Als smart factories würden Unternehmen demnach zukünftig aus cyber-physischen Systemen, also miteinander kommunizierenden Arbeitsmitteln und -gegenständen, bestehen, dabei hochindividuelle Endprodukte an die Kund*innen bringen (Losgröße 1) und über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg mit ihrer Zulieferer-und Kundenumwelt vernetzt sein. Gleichwohl zahlreiche Prozesse des technischen Wandels entgegen solcher Szenarien eher in einer Kontinuität permanenter arbeitsbezogener Umbrüche stehen (Butollo und Nuss 2019), es sich dabei also nicht um Disruptionen handelt, lassen sich doch konkrete mit der Digitalisierung einhergehende Herausforderungen für die betrieblichen Akteur*innen identifizieren. So scheinen sich beispielsweise gegenwärtige Veränderungs-und Innovationsmaßnahmen in den Unternehmen in immer kürzeren Zyklen zu vollziehen, die keine Phasen der organisationalen Routinebildung und Stabilisierung mehr erlauben. Die sich anbahnenden Vernetzungsprozesse zwischen den Unternehmen führen zudem dazu, dass sich arbeitsgestalterische Maßnahmen nicht mehr nur auf einen (örtlich) abgrenzbaren Betrieb beziehen können und damit wesentlich komplexer zu werden drohen (siehe Latniak und Rosenbohm in diesem Band). Diese Umstände sowie das Vorhandensein neuer digitaler Arbeits-und Kommunikationsmittel bedeuten neue Anforderungen für die Beschäftigten, an die sie sich flexibel anpassen müssen. Derartige technische Entwicklungen treffen in den Betrieben wiederum auf Konzepte der Arbeitsgestaltung, die eine marktgerechte Verschlankung des gesamten Unternehmens und auf Kennzahlen basierende Steuerungslogiken propagieren (wie im Fall von lean production). Inwiefern in Anbetracht der Verkopplungen
ZusammenfassungDas Forschungs- und Entwicklungsprojekt „APRODI – Arbeits- und prozessorientierte Digitalisierung in Industrieunternehmen“ setzte sich zum Ziel, neue Wege der Gestaltung von betrieblichen Informationsräumen und IT-unterstützten Arbeitssystemen zu erproben. Dabei sollten die jeweilige Ausgangssituation und Kultur des Unternehmens, vorhandene und bewährte technische Systeme und die Voraussetzungen, Möglichkeiten und Interessen der Mitarbeitende gleichermaßen berücksichtigt werden. Grundlegend war die Orientierung an einem soziotechnischen Systemverständnis. Die Erkenntnisse aus dem Projekt, empfehlenswerte Vorgehensweisen und Instrumente zur Gestaltung von betrieblichen Digitalisierungsprozessen stehen anderen Unternehmen in einer Toolbox zur Verfügung.
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