Zusammenfassung: Der Begriff ‚Elite' ist in den letzten Jahren in der wissenschafts-und hochschulpolitischen Debatte zu einer Art Schlüsselbegriff avanciert. Allerdings schweigt sich der Diskurs sowohl darüber aus, was bzw. wer mit dem Begriff Wissenschaftselite gemeint ist, als auch darüber wie sich die Wissenschaftselite bislang konstituierte. Gerade in der Wissenschaft wird von meritokratischen Selektions-und Rekrutierungsmechanismen, also von Leistungselite im eigentlichen Wortsinne ausgegangen, während elitesoziologische Studien wiederholt auf die Bedeutung der sozialen Herkunft für den Zugang zu gesellschaftlichen Elitepositionen verweisen. Anhand biographischer Daten werden im Beitrag das Sozialprofil und die Werdegänge der deutschen Wissenschaftselite zwischen 1945 und 2013 nachgezeichnet. In Anlehnung an Bourdieus Arbeiten zum wissenschaftlichen Feld, werden zwei Fraktionen innerhalb der Wissenschaftselite unterschieden: die Prestigeelite, zu der jene wissenschaftlichen Koryphäen mit der höchsten Reputation zählen sowie die Positionselite, der die Inhaber der höchsten und einflussreichsten Ämter innerhalb der Wissenschaft angehören. Es zeigt sich, dass die soziale Herkunft einen bedeutsamen Faktor für den Aufstieg in die deutsche Wissenschaftselite darstellt. Der weit überwiegende Anteil der Elitemitglieder stammt aus hochprivilegierten Familienverhältnissen. Zugleich wird jedoch u.a. deutlich, dass für den Zugang zu den jeweiligen Elitefraktionen unterschiedliche Aspekte der sozialen Herkunft höhere Relevanz aufweisen. Während für den Zugang zur Positionselite eine hohe sozioökonomische Herkunft größere Bedeutung hat, ist für den Zugang zur Prestigeelite insbesondere die familiäre Nähe zu Wissenschaft vorteilhaft. Auch die Werdegänge der Elitemitglieder lassen je nach Elitefraktion typische Karrieremuster erkennen. Gleichzeitig wird deutlich, dass die Gestaltung der Karriereverläufe in enger Verbindung zur sozialen Herkunft steht. Vor dem Hintergrund der aktuellen Strukturreformen gewinnen die Befunde an Brisanz. EinleitungIn der Wissenschafts-und Hochschulpolitik ist ‚Elite' in den letzten Jahren zu einer Art Schlüsselbegriff avanciert. Sowohl im wissenschaftspolitischen als auch im öffentlichen Diskurs wurden und werden wiederholt Forderungen nach der (Aus-)Bildung wissenschaftlicher Eliten artikuliert. Zahlreiche Maßnahmen, allen voran die Exzellenzinitiative, aber auch Veränderungen in den Steuerungsmechanismen, wie Trends hin zur Autonomisierung von Hochschulen, zur Vergabe finanzieller Mittel über Wettbewerbsstrukturen u. v. m. werden initiiert und sollen zur Bildung einer national und international sichtbaren Wissenschaftselite beitragen. Der gegenwärtige Diskurs schweigt sich allerdings sowohl darüber aus, von wem genau die Rede ist, wenn von wissenschaftlichen Eliten gesprochen wird, als auch darüber, wie sich die Wissenschaftselite bislang konstituierte. Beide Fragen sind jedoch elementar, wenn es darum geht wissenschafts-und hochschulpolitische Entwicklungen anzustoßen, Bewertungen vorzunehme...
This chapter observes and analyzes hegemonic narratives in and of the academic field. In particular, our focus is on normative and evaluative accounts relating to forms of university governance. We suggest centering on two overarching approaches to what is seen as legitimate in terms of governing the university. First, we trace the age-old Humboldtian perspective, representing especially professorial independence and self-governance. Second, we consider the newer managerial perspective, separating top-down university management decision-making separate from (or counter to) faculty influence. We find that, as the latter form is currently taking hold within European universities, scholarly remembrance of the former Humboldtian governance tradition has morphed into a nearly uncritical, hegemonic tale of a glorified past. In contrast, we suggest, the managerial perspective represents a powerful ante-narrative, a hegemonic story in-the-making. The morally laden, and somewhat fantastical, Humboldtian tale, being itself hegemonic, is unfit to serve as a critical counternarrative vis-à-vis the managerial approach that has attained considerable authority. Thus, we argue that contemporary governance discourse is suspended between two poles: the Humboldtian perspective, favoring professorial power and authority relations, and the managerial perspective, subordinating faculty under market considerations and continuous evaluation. The dilemma arising from this "suspension" also renders the governance discourse into regions of impracticality and elitism. We argue that a counter-narrative fit to challenge the managerialist governance structures in practice is lacking, with elitism continuously
Die deutsche Hochschulpolitik hat eine Verstetigung der Exzellenzinitiative auf den Weg gebracht. In Zukunft sollen nach einem Antragswettbewerb ca. fünfzig Exzellenzcluster und acht bis elf Exzellenz-Universitäten für jeweils sieben Jahre vom Bund gefördert werden. Grundlage der politischen Entscheidung ist die Evaluation der Exzellenzinitiative durch eine Expert_innenkommission(Imboden-Bericht). Der Beitrag kommentiert diesen Bericht kritisch und reflektiert problematische Folgen des Wettbewerbs um Fördermittel und ‚Exzellenz‘. Hohe Arbeitslasten, schlechte Betreuungsverhältnisse und die prekäre Lage im wissenschaftlichen Mittelbau an deutschen Hochschulen werden unterstrichen, die angestrebte vertikale Differenzierung des deutschen Hochschulsystems und die Forderung nach starken Hochschulleitungen kritisiert sowie die Verstärkung sozialer Ungleichheiten durch Elitehochschulen angesprochen. Schließlich wird die Grundsatzfrage gestellt, wieso es überhaupt Antrags- und Statuswettbewerbe geben muss.
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