Im folgenden Beitrag werden zwei auf den ersten Blick vielleicht gegensätzliche, aber doch miteinander verbundene Thesen entwickelt.Die erste These lautet, dass es einen visuellen Diskurs oder Bilddiskurs nicht gibt -wenngleich dies in der diskursorientierten Literatur zunehmend behauptet wird und nicht wenige Autoren und Autorinnen im Visuellen eine (dringend benötigte) Alternative zu rein sprachlichen Konzeptionen von Diskurs erkennen wollen. Dagegen soll argumentiert werden, dass Visuelles stets in Sprache übersetzt werden muss, um erfasst und als Erfasstes kommuniziert sowie deutungs-und handlungsrelevant werden zu können. Bilder in Diskursen stellen einen wichtigen Bestandteil der sozialen und diskursiven Konstruktion von Wirklichkeit dar, der jedoch auf Sprache -und damit auf gesellschaftlich verfügbare Begriffs-und Interpretationsrepertoires -angewiesen bleibt.Die zweite These besagt, dass Bilder -und dies gilt insbesondere auch für Fotografien -zwar nicht »für sich« sprechen, aber dennoch »Wahrheit« in Form eines bildgestifteten Sinnzusammenhangs produzieren. Diese Wahrheit liegt weder auf der Ebene der Diskurse noch ist sie dem Prozess des Sehens äußerlich. Sie entsteht aus der Relation von Bild und Bildbetrachtung. Es geht hierbei im Kern um Prozesse der (sozialen, d. h. hier: objektbezogenen) Konstitution von Gegenständen im Bewusstsein, um die Materialität und Widerständigkeit des Dargestellten sowie um die Frage nach den Möglichkeitsbedingungen des Sehens selbst. Dieser Part, der sozialkonstruktivistische Einsichten voraussetzt, dabei aber nicht stehen bleiben möchte, wird nachfolgend am Beispiel der dokumentarischen Fotografie diskutiert.
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