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Seit über 2000 Jahren diskutieren Philosophen und Juristen über den wohl eher hypothetischen Sachverhalt eines gerichtlichen Prozesses zwischen Protagoras und Euathlos. Die nachfolgenden Überlegungen führen in diese Diskussion ein und erörtern einen juristischen Lösungsweg. I. Einführung 1 Euathlos, ein wohlhabender Jüngling, dessen Wunsch es war, die Redekunst zu erlernen und sich die Fertigkeit anzueignen, gerichtliche Sachen zu verhandeln, begab sich in dieser Absicht zu Protagoras in die Schule und versprach, die von diesem Lehrmeister als Stundengeld geforderte, sehr bedeutende Schulgeldsumme zu entrichten, bezahlte aber sogleich, noch vor Beginn des Unterrichts, die Hälfte des ganzen Betrags und einigte sich mit ihm dahin, dass er die andere Hälfte erst an dem Tage zu entrichten habe, wenn er seinen ersten Prozess vor Gericht geführt und gewonnen habe. Später, als er schon ziemlich lange Zuhörer und Anhänger des Protagoras gewesen war, aber keine Anstalten machte, Prozesse anzunehmen, und es fast den Anschein nahm, dass dies mit Absicht geschehe, damit er den Rest des Honorars nicht zu entrichten brauche, fasste Protagoras einen Entschluss: Er machte vor Gericht einen Prozess gegen Euathlos anhängig. Als beide vor Gericht erschienen waren, ergriff zuerst Protagoras das Wort: »Erfahre, dass Du nach beiden Seiten hin gezwungen sein wirst, mir die verlangte Schuldforderung zukommen zu lassen, mag nun die richterliche Entscheidung gegen Dich oder für Dich ausfallen. Denn wenn der Rechtsspruch gegen Dich entschieden werden sollte, wirst Du verpflichtet sein, mir Stundengeld zu entrichten, dem Rechtsspruch gemäß, weil ich gewonnen habe; sollte aber das Urteil zu Deinen Gunsten ausfallen, wirst Du verpflichtet sein, mir das Honorar zu entrichten, unserem Vertrag gemäß, weil Du dann Deinen ersten Prozess gewonnen haben wirst.« Darauf antwortete Euathlos: »Erfahre, dass ich nach beiden Seiten hin nicht gezwungen werden kann, Dir die verlangte Schuldforderung zukommen zu lassen, mag nun die richterliche Entscheidung gegen mich ausfallen oder zu meinen Gunsten. Denn wenn die Richter zu meinen Gunsten entscheiden sollten, dann bin ich Dir ja nichts schuldig, dem Rechtsspruch gemäß, weil ich gewonnen habe; sollten sie nun gegen mich entscheiden, dann bin ich auch erst recht nicht verpflichtet, etwas zu entrichten, unserem Vertrag gemäß, weil ich ja dann meinen ersten Prozess nicht gewonnen habe.« Wie ist die Rechtslage nach BGB 2 ? Als Übung für das Erste Staatsexamen kann ein Rechtsgutachten, als Übung für das Zweite Staatsexamen ein Urteilsentwurf (Entscheidungsgrün-de ohne Kostenentscheidung und Entscheidung zur vorläu-figen Vollstreckbarkeit) angefertigt werden. Alternativ dazu kann ein Aktenvortrag gehalten werden. Empfohlene Bearbeitungszeit: für einen Aktenvortrag eine Stunde, sonst zwei Stunden. II. HintergrundProtagoras war Mitbegründer 3 und einer der bedeutendsten Vertreter 4 der Sophistik. Sophisten waren gegenüber universalen Wahrheitsbehauptungen skeptisch eingestellt. Von Protagoras ist der Satz überliefe...
Die westlichen Werte lassen sich-soweit sie fundamentale Prinzipien der Gerechtigkeit betreffen-in vier Kategorien untergliedern: Gewaltverbot, Demokratie, Rechtsstaat und Menschenrechte. Der Westen hat diese Werte weitgehend in geltendes Recht umgesetzt. Er erhebt in Bezug auf sie Anspruch auf Universalität. *2 Der weltweiten Verbreitung der übrigen Ideale stehen jedoch Hindernisse entgegen, wie folgende Beispiele aufzeigen: Verschiedene Staaten und Autoren ziehen die Universalität der westlichen Werte in Zweifel. So argumentiert die VR China, die Menschenrechte seien "nicht nur historisch ein Produkt der europäisch-amerikanischen Kultur, sondern auch in Inhalt, Form und rechtlicher Ausgestaltung nur in diesen Kulturen beheimatet, gegenüber den asiatischen Kulturen hingegen seien sie in wichtigen Hinsichten fremd und unangemessen. Eben deshalb komme ihnen auch dort nur eine beschränkte Geltung zu, und die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte sei durch eine asiatische Variante, wie es ja auch schon eine europäische gebe, zu ersetzen." *3 Selbst in der deutschen Öffentlichkeit trifft die Anwendung rechtsstaatlicher Prinzipien gelegentlich auf Unverständnis. Dies zeigt der Fall Gäfgen. Die Polizei hatte Gäfgen Folter für den Fall angedroht, dass er den Aufenthaltsort des von ihm entführten Kindes nicht preisgebe. Daraufhin brachte Gäfgen die Polizei zur Leiche des Kindes. Ein Strafgericht verurteilte Gäfgen wegen Mordes. *4 Die Zivilgerichte sprachen ihm unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) *5 1 Der Beitrag entwickelt Überlegungen fort aus Henke, Christoph, Zur Finalität des Völkerrechts. Eine völkerrechtliche Agenda, Münster u.a. 2012. Im dortigen Beitrag stehen konkrete völkerrechtliche Handlungsvorschläge im Vordergrund. Vorliegend geht es um die Herleitung fundamentaler Gerechtigkeitsprinzipien. Zwangsläufi g kommt es insbesondere in Ziff. 1 bis 5 dieses Beitrags zu inhaltlichen Überschneidungen.
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