Der Rosenstein‐Pavillon ist eine funktional gradierte Betonschale, die für die Sonderausstellung „baubionik – biologie beflügelt architektur“ im Stuttgarter Schloss Rosenstein entworfen und gebaut wurde. Die dort präsentierten Exponate zeigen die Forschungsergebnisse des Sonderforschungsbereichs TRR 141 „Biological Design and Integrative Structures“, in dem biologische Vorbilder im Hinblick auf eine mögliche Abstraktion von Wirkprinzipien und deren Übertragung auf Objekte und Technologien des Bauwesens untersucht werden. Der Pavillon ist ein Prototyp der Implementierung eines Konstruktionsprinzips leichter, aber starker Strukturen, die anhand struktureller Biomaterialien als Inspirationsquelle für gewichtsoptimierte Tragsysteme entwickelt wurden. Im Zentrum der Forschung stand das bionische Prinzip der Strukturoptimierung durch die lokale Anpassung von mechanischen Eigenschaften an äußere und innere Gegebenheiten. In den technischen Disziplinen ist dieses Prinzip auch als funktionale Gradierung bekannt und wird in den Materialwissenschaften, der Medizin, dem Maschinenbau und dem Bauingenieurwesen in großer Breite angewendet – Voraussetzung hierfür ist die Entwicklung von Werkstoffen und Strukturen mit Eigenschaften, die lokal an statische, mechanische, physikalische oder sonstige funktionelle Anforderungen angepasst werden können.
Im vorliegenden Beitrag wird vorgeschlagen, das Prinzip der Gradierung auf den Bereich des Designs und der Architektur auszudehnen – die Material‐ und Energieeffizienz des Gebäudes soll als ebenso wichtig angesehen werden wie andere Entwurfsfaktoren. Dies ist insbesondere im Hinblick auf die zunehmende Verknappung der natürlichen Ressourcen im Kontrast zu einer stetig wachsenden Bevölkerung von besonderer Bedeutung.
Seit mehr als 20 Jahren setzt sich das Institut für Leichtbau Entwerfen und Konstruieren in interdisziplinären Forschungsvorhaben mit dem vermeintlichen Paradoxon „Leicht bauen mit Beton“ auseinander. In einem zweiteiligen Beitrag werden nun Auszüge aus der aktuellen Forschung hierzu vorgestellt. Während im ersten Teil dieses Aufsatzes der Fokus auf den Materialleichtbau gelegt wird, behandelt der zweite Teil den Strukturleichtbau mit dem Schwerpunkt auf Entwurfs‐ und Herstellungsansätzen für ressourceneffiziente, nachhaltige Betonstrukturen. Dazu zählen insbesondere neuere Untersuchungen zum Tragverhalten und zur Vorspannung von Bauteilen aus Gradientenbeton. Neben der Minimierung des Bauteilgewichts wird auch aufgezeigt, wie der ökologische Fußabdruck durch wiederverwendbare Betonsegmente weiter reduziert werden kann. Ansätze zur abfallfreien Herstellung von ressourcenschonenden filigranen Komponenten mittels additiver Fertigungsverfahren werden am Beispiel von 3D‐gedruckten Sandschalungen und Biobeton aufgezeigt. Über den klassischen Leichtbau hinaus werden abschließend Potenziale für weitere Materialeinsparungen durch adaptive Betonbauteile vorgestellt.
In Zeiten des Klimawandels und zunehmender Ressourcenknappheit wird die Bauindustrie mit der wachsenden Dringlichkeit konfrontiert, Ressourcenverbrauch, Emissionen und Abfälle deutlich zu reduzieren. Die Anwendung von Leichtbaustrategien in Verbindung mit Kreislaufproduktionsprozessen bietet einen ganzheitlichen Ansatz für dieses Problem. In dem folgenden Beitrag wird eine Methode zur abfallfreien Produktion leichter Betonbauteile mittels wiederverwertbarer Sandschalungen präsentiert. Der Einsatz von wasserlöslichen Mischungen in einem Pulverbettdruckverfahren ermöglicht die Herstellung von Schalungen für komplexe und optimierte Betonstrukturen und die Wiederverwendung des Schalungsmaterials in nachfolgenden Produktionszyklen (Bild 1). Die einzelnen Schritte des Verfahrens werden detailliert vorgestellt und am Beispiel der Herstellung eines Betonprototyps mit komplexer räumlicher Struktur illustriert.
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