ZusammenfassungKritik am Arzt als professionelle Autorität hat es in der Geschichte schon immer gegeben. Neu ist aber, wie diese Kritiker in der Öffentlichkeit miteinkalkuliert werden und aufeinander Bezug nehmen: an der öffentlichen Kritik am Arzt werden unterschiedliche Kulturen des Kritischen sichtbar, die sich nicht mehr länger allein im Sinne eines bürgerlichen Meinungsstreits beschreiben lassen. Der Disput über Wahrheitsfragen wird symmetrisiert zum Austausch von Wahrnehmungsfragen; anstelle einer Verknappung von Argumenten zu einem gemeinsam geteilten Konsens stellt sich eine unabschließbare Pluralisierung von Sprechkulturen ein, die eher auf den differenten Ort des Sprechers verweisen als auf gemeinsam zu diskutierende Wissensfragen. Der Beitrag diskutiert diesen Wandel aus einer mediensoziologischen und zugleich praxeologischen Sicht anhand historisch und gegenwärtig unterschiedlicher öffentlicher Diskurs-Praktiken über den Arzt. Kritik wird nicht im Sinne eines öffentlichen Meinungsstreits als gegebene Form vorausgesetzt. Vielmehr wird die praktische Herstellung kritischer Publika nach ihren gesellschaftlichen und medialen Bedingungen befragt. Der Beitrag zeigt, dass Demokratisierung von Öffentlichkeit auch zur Demokratisierung dessen führt, was diese miterzeugt hat: das bessere Argument einer vernünftigen Rede.
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