klinikarzt 2006; 35 (10): 419-423 D urchfälle sind ein häufiges Symptom und Ausdruck zahlreicher Erkrankungen. Eine Diarrhö liegt vor, wenn zwei Kriterien erfüllt sind: • eine erhöhte Stuhlfrequenz (> dreimal täglich) • eine veränderte Stuhlkonsistenz (flüssiger oder breiiger Stuhl). Als chronisch gilt die Diarrhö, wenn sie länger als vier Wochen besteht. Verlässliche Daten zu ihrer Häufigkeit fehlen allerdings. In der Literatur finden sich Inzidenzangaben zwischen 3-5% der Bevölkerung. Im Zentrum der Diarrhöpathogenese steht die gestörte enterale Wasserund Elektrolytbilanz. Die gesteigerte Darmmotilität dagegen ist meist Folge dieser gestörten Bilanz und keine primäre Ursache der Diarrhö. Differenzierung chronischer Diarrhöen Pathophysiologisch lassen sich drei Formen der chronischen Diarrhö unterscheiden: • sekretorische Diarrhö • osmotische Diarrhö • Mischformen. Eine relativ einfache Differenzierung zwischen der osmotischen und sekretorischen Ausprägung erlaubt der Fastentest. Bei der osmotischen Diarrhö sistiert der Durchfall unter Nahrungskarenz, bei der sekretorischen Diarrhö persistiert er dagegen in dieser Situation. Da die pathophysiologischen Mechanismen aber oft in komplexer Weise miteinander verknüpft sind, ist eine rein pathophysiologische Klassifikation der Diarrhö weder praxisgerecht noch wissenschaftlich adäquat. Oft wird auch in spezialisierten Zentren trotz eines aufwän-digen und umfangreichen Untersuchungsprogramms keine definitive Ursache für eine chronische Diarrhö gefunden. Eher selten sind hormonell bedingte Diarrhöen. Sie können entweder als wenig beeindruckendes Symptom neben mehreren weiteren Krankheitszeichen imponieren oder aber massiv in der Ausprägung und als dominantes Symptom auftreten, wie es zum Beispiel beim C-ZellKarzinom oder beim so genannten VIPom (Verner-Morrison-Syndrom) möglich ist. Pathophysiologisch liegt immer eine sekretorische Diarrhö mit osmotischer und selten motorischer Komponente vor. Eine Hyperthyreose oder ein Diabetes mellitus als häufige Ursache einer chronischen endokrinen Diarrhö sind laborchemisch leicht nachzuweisen. Seltenere Auslöser sind medulläre Schilddrüsenkarzinome, Karzinoidsyndrome und neuroendokrine hormonaktive Tumoren (Gastrinom, VIPom), die nur mit laborchemischen Methoden zu untersuchen sind. Zwar ist die hormonelle Genese einer chronischen Diarrhö vergleichsweise selten, dennoch sollte auch sie bei der Diagnose in Betracht gezogen werden. Hormonbestimmungen sollten aber nur gezielt bei bestimmten Symptomkonstellationen (z.B. Flush-Episoden) erfolgen. Bei Nachweis einer endokrinen Diarrhö ist eine multiple endokrine Neoplasie (MEN) auszuschließen. Die Diarrhö bei Hyperthyreose geht meist mit weiteren Symptomen der Schilddrüsen-überfunktion einher und bietet diagnostisch und therapeutisch keine Probleme. Bei einer diabetischen Enteropathie sind zusätzliche diarrhöauslösende Faktoren mit zu bedenken. Wäss-rige Durchfälle bei Strumapatienten müssen nach Ausschluss einer Hyperthyreose an ein seltenes familiäres oder sporadisches C-Zell-Karzinom...
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