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Vom Reißbrett in die Virtuelle Realität
Wie sich unsere Entwurfsperspektive verändert
Jan Philipp Drude
Vom Rissboden zum ReißbrettDie Geschichte architektonischer Medien ist geprägt von den Sichtweisen der Renaissance. Beginnend mit den Schriften Albertis im fünfzehnten Jahrhundert ist die Quellenlage umfassend -die großen Architekten1 der Zeit sind uns bekannt, ihr Werk in Bau und Schrift umfassend dokumentiert. Doch mit dieser Vielzahl an Informationen hielt auch eine ganze Reihe von Vorurteilen gegenüber der vorangegangenen Epoche Einzug in das architektonische Denken. So ist schon der Begriff "Gotik" im sechzehnten Jahrhundert durch Giorgio Vasari als herablassende Bezeichnung der vorangegangenen Architekturepoche geprägt worden.2 Aus der Gotik selbst ist uns deutlich weniger überliefert; so ist nicht einmal bekannt, wer die Erschaffer so bedeutender Bauwerke wie Notre-Dame de Paris oder der Kathedrale von Chartres waren, geschweige denn, wer den Chor von St. Denis erdacht hat, der gemeinhin als erstes Bauwerk im gotischen Stil angesehen wird. Auch die Bautechniken der Zeit sind uns nicht hinreichend überliefert und müssen aus unterschiedlichen Quellen hergeleitet werden. Dieser unausgewogene Kenntnisstand hinsichtlich Entwurfs-und Bauprozessen in der Gotik gegenüber der Renaissance bestimmt bis heute unsere Vorstellung vom Bauen, sowie das architektonische Denken im Ganzen.Mit der Renaissance begann auch die Vormachtstellung der architektonischen Zeichnung als Ausdruck des Entwurfs -Leon Battista Alberti definiert die Zeichnung als Projektion, die die wahren Winkel und Längen erhält,3 während Raphael Sanzio das Dreigespann aus Grundriss, Ansicht und Schnitt definiert.4 Beide sehen die Rolle von Architekten somit in der Schaffung der Zeichnung als Ausdruck der Architektur, nicht in der Herstellung von 1 In diesem ersten historischen Abriss werde ich die maskuline Form verwenden, da die im Text erwähnten Berufsgruppen im Mittelalter und der Renaissance nahezu ausschließlich männlich geprägt waren.
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