ZusammenfassungDas Aufkommen der Alternativbezeichnungen „Kleine Geburt“ und „Stille Geburt“ ist Ausdruck eines Wandels im Umgang mit Fehlgeburt und Totgeburt. Anstoß des Wandels war zivilgesellschaftliches Engagement Betroffener in den 1980er-Jahren, die sich gegen Entrechtungen in den Kliniken und für soziale Sichtbarkeit und Anerkennung des Verlusts einsetzten. Im Beitrag wird argumentiert, dass Fehl- und Totgeburt in Gesellschaft und Geburtshilfe zunehmend als Geburt (und Verlust) eines Kindes behandelt und Betroffene damit als Eltern anerkannt werden. Empirische Grundlage ist ein Datenkorpus aus narrativen Interviews und natürlichen Daten, die sequenzanalytisch und theoriegenerierend ausgewertet wurden. Der mehrdimensionale Wandel wird anhand von Veränderungen im deutschen Recht, in sozialen Medien und in der Geburtshilfe plausibilisiert. Erstens werden Betroffene durch Änderungen des Personenstandsgesetzes für Fehlgeborene symbolisch als Eltern anerkannt. Zweitens entwickelte sich in Online-Foren ein kollektives Selbstverständnis von „Sternenelternschaft“, das diskursive und institutionelle Veränderungen außerhalb des Internets bewirkte. Daneben legitimieren und normalisieren individuelle Selbstzeugnisse in den sozialen Medien, über Fehl- und Stillgeburt zu sprechen und diese zu zeigen. Drittens werden die professionellen Praktiken der Personalisierung von Stillgeborenen in der Geburtshilfe diskutiert, die nach Totgeburten inzwischen umfänglich, nach Fehlgeburten teilweise, etabliert sind.
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