ZusammenfassungDas „Radikalisierungsparadigma“ hat im gesellschaftlichen, politischen und wissenschaftlichen Diskurs Omnipräsenz erlangt. Dabei erweist es sich bei genauerer Betrachtung als konzeptionell wie analytisch schwach und mit Blick auf seine gesellschaftlichen Implikationen hochproblematisch. Der Beitrag gründet in einem wachsenden Unbehagen der Autor*innen mit dem Radikalisierungsparadigma angesichts eigener Felderfahrungen. Der zugrundeliegende Forschungskontext wird nach einer theoretisch-informierten kritischen Bestandsaufnahme zum Radikalisierungsparadigma skizziert. Es folgt eine ausführliche Einzelfallrekonstruktion einer Biografie, die auf der manifesten Ebene als klassische „Radikalisierung“ erscheint, das Radikalisierungsparadigma jedoch grundlegend irritiert und seine ‚blinden Flecken‘ und Präsumtionen hervortreten lässt. Dies führt uns im Fazit zu einem Plädoyer für einen multiparadigmatischen Gegenstandszugriff sowie eine deutlich stärker kritisch-reflexive Befragung der eigenen Forschungen und ihrer Implikationen.
Im Themenfeld der Sicherheitsforschung sind Analysen und das Voranbringen von Erkenntnissen ohne eine Kooperation zwischen Wissenschaft und Sicherheitsakteur*innen nicht möglich. Sicherheitsakteur*innen und Wissenschaftler*innen verfolgen unterschiedliche Handlungslogiken und verfügen somit über verschiedene Zugänge zu Themenbereichen, Daten und Personengruppen. Diese unterschiedlichen Zugänge sind für eine Analyse, Problematisierung und das Erkenntnisinteresse von großer Bedeutung. Ein Beispiel für eine kooperative und vertrauensvolle Zusammenarbeit stellt die Radikalisierungsforschung dar. Am Beispiel des qualitativen Interviews der sozialwissenschaftlichen Forschung und der polizeilichen Vernehmung werden die Unterschiede und Gemeinsamkeiten dargelegt. Dabei wird verdeutlicht, worin die Gefahr besteht, wenn die Freiheit von Wissenschaftlichkeit konterkariert wird und warum es u. a. unabdingbar ist, dass der Artikel 5 des Grundgesetzes in seiner Form von allen Akteur*innen gewahrt wird.
Criminological research on COVID-19 and its repercussions on crimes, criminals and law enforcement agencies is still in its infancy. This paper fills that void with regard to the influence of COVID-19 on organized crime and the work of law enforcement agencies’ investigations of organized crime in Germany by presenting empirical findings from a nationwide qualitative interview study. Through the methodological combination of Grounded Theory and Situational Analysis, we find three central narratives (us vs. them, nationalization vs. internationalization, conservatism vs. innovation) that were provided by law enforcement personnel in terms of the way in which COVID-19 influenced both organized crime groups and their work in the investigation thereof. Following a reflexive approach, the implications of COVID-19 on the research process itself are also discussed.
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