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Haben wir die Technikphilosophie, die wir brauchen? Können wir auf theoretische Konzepte zurückgreifen, die uns helfen, jüngste Entwicklungen im Bereich der Technologien zu verste hen und einzuschätzen?Die Fragestellung impliziert, dass Technikphilosophie nicht nur ethisch relevante Folge erscheinungen -und auch nicht nur generelle Ansichten bezüglich des Technischen überhauptzum Gegenstand haben soll, sondern konkrete Technologien in ihren Strukturen und Wir kungszusammenhängen in den Blick zu nehmen hat.Ich möchte im Folgenden zunächst eine Grundtendenz in der jüngsten technolo gischen Entwicklung skizzieren und andeuten, inwiefern das gegenwärtig vorherrschende Informationsparadigma der Technikdeutung ungeeignet sein könnte, die wesentlichen Züge dieser Entwicklung angemessen zu begreifen. Anschließend gebe ich eine Umschau über zeit genössische Ansätze der Techniktheorie, und zwar immer mit dem Fokus der Frage, ob und inwiefern diese Ansätze uns Perspektiven bieten, mutmaßlich neuartige technische Phäno mene zu verstehen und kritisch einzuschätzen. 2 I. Entwicklungstendenzen jüngster TechnologienSehen wir uns einige Beschreibungen jüngster technischer Entwicklungen an -und zwar mit größtmöglichem Abstand vom Jargon der Technikvisionäre und apokalyptiker und mit größt möglicher Nähe zu Forschung und Entwicklung (soweit dies in der Kürze möglich ist).Ich verwende den Unterschied zwischen den Begriffen Technik und Technologie nicht, um den Übergang von einer Ebene der Sache zu einer Ebene der sprachlich theoretischen Reflexion über die Sache anzudeuten, sondern ich verwende Technik als Singularetantum für den Gesamtbereich technischer Phänomene (der Plural Techniken ist als alleinstehendes Wort im Deutschen mit der Bedeutung ‚lehr und lernbare Praktiken' belegt und deshalb nicht zur Bezeichnung für eine Mehr zahl technischer Phänomene geeignet) und Technologie als je spezifische Realisierung der Sache, wobei ich also den Wortteil logos in Technologie nicht als sich auf eine sprachlichideelle Ordnung, sondern als sich auf die Ordnung der Phänomene selbst beziehend betrachte. 2 Ich danke Christopher Coenen für wertvolle Hinweise zu einer früheren Version dieses Textes. Brought to you by | University of Manitoba Authenticated Download Date | 6/13/15 7:24 PM
Die Unklarheit darüber, wie die Aufgabe der Philosophie in der modernen Wissenschaftslandschaft zu charakterisieren wäre, könnte nicht größer sein.' Institutionen der Forschungsforderung legen an philosophische Vorhaben die gleichen Maßstäbe an wie an empirische Forschungsprojekte. Gefragt wird nach Problemstellung, Forschungsstand, Methode und Arbeitsplan. In der Struktur dieser Bewertungsformalität ist impliziert, dass auch die Philosophie eine Wissenschaft sei, die, auf Grundlage vorhandenen Wissens, durch Forschung zu neuen Erkenntnissen kommt, welche wiederum den Stand des Wissens voranbringen. Diese Annahme ist jedoch problematisch. Mit guten Gründen wird daran gezweifelt, dass die Philosophiegeschichte eine Fortschrittsgeschichte im Sinne von stetigem Erkenntnisgewinn bildet. 2 Es erscheint fraglich, ob es in der Philosophie überhaupt Problem-und Fragestellungen gibt, die im wissenschaftlichen Sinne erforscht werden können. Einige Autoren eines kürzlich erschienenen Bandes zu Was ist ein ,philosophisches ' Problem? bejahen, andere bestreiten, dass es Philosophie in einem für sie wichtigen Sinne mit Problemen zu tun habe.Zu den Befürwortern einer positiven Antwort gehört Michael Dummett, der die spezifische Ausgangslage der Philosophie so charakterisiert, dass in ihr Probleme "durch nichts weiter als logisches Denken" 3 zu lösen seien. Die Einschränkung auf deduktives Denken und die Abstinenz von Empirie bringt es aber, so Dummett, mit sich, dass die Philosophie nur durch Hinweis auf die unbestreitbar nützliche Mathematik, die ebenfalls im reinen Denken operiert, eine mögliche Relevanz im Reigen der modernen Wissenschaften behaupten kann. Ihre Daseinsberechtigung neben der Mathematik bezieht die Philosophie nach dieser Auffassung daraus, dass sie eine "Klärung unseres Denkens" 4 in "den Begriffen, wie wir sie im normalen Leben auffassen" 5 , zur Aufgabe habe. Was aber heißt hier "Klärung unseres Denkens"? Geht es darum, die Mehrdeutigkeiten in der Verwendung von Begriffen zu beschneiden, im Zweifelsfall "die Preisgabe des Begriffs [zu] empfehlen" 6 ? Ist es Aufgabe der Philosophie, im diskurspolizeilichen Sinne für Ordnung im Sprechen und Denken zu sorgen? Dummetts Argumentation mündet in den Gedanken, dass es in der Philosophie nicht wie in der Mathematik um Restriktion von Begriffen im Sinne präziser Definitionen geht, sondern eher um etwas, das als "Erkundung dieser Begriffe" 7 bezeichnet werden könnte -Brought to you by | HEC Bibliotheque Maryriam ET J.
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