Die These, die hier erörtert werden soll, lautet: Die Versuchungsgeschichte Matt. 4. 1–11 stammt nicht aus der Redenquelle Q, sondern ist eine eigene Schöpfung des Evangelisten. Sie ist angeregt durch die Versuchungsge-schichte des Markus (1. 12 f.) und konzipiert als ein schriftgelehrtes Streitgespräch in Auseinandersetzung mit dem Judentum. Grundlage sind die Versuchungen Israels auf seinem Wüstenzug.
Eine wesentliche Hilfe zur Erfassung der Komposition des Evangeliums ist der wiederholte Gebrauch bestimmter Formeln, so z.B. 7. 28; 11. 1; 13. 53; 19. 1; 26. 1: ‘Und es geschah, als Jesus diese Reden vollendet hatte …’ In 7. 28 f. findet sich die Formel genau an der Nahtstelle zwischen der Bergpredigt (Kap. 5–7) und der folgenden Sammlung von Wundern (Kap. 8–9). Sie leitet vom Wortteil zum Tatteil der Komposition über. Wir nennen sie daher Überleitungs- oder Übergangsformel. Der Vergleich mit Lukas (7. 1) zeigt, daß sie durch Q angeregt sein könnte. Matthäus verbindet sie in 7. 28 f. mit Mark 1. 22, um die Vollmacht Jesu anzuzeigen: ‘Denn er lehrte sie wie einer, der Gewalt hat, und nicht wie ihre Schriftgelehrten.’ -In 11. 1 steht die Übergangsformel am Abschluß der Senderede Kap. 10 und leitet zur Täuferfrage über: ‘Bist du es, der da kommen soll, oder sollen wir auf einen anderen warten?’ (11. 3). Jesus beantwortet diese Frage in 11. 5 f. mit dem Hinweis auf seine Werke: ‘Blinde werden sehend und Lahme gehen, Aussätzige werden rein und Taube hören, Tote werden auferweckt und Armen wird die frohe Botschaft gebracht, und selig ist, wer an mir keinen Anstoß nimmt.’ – Dann taucht die Formel wieder am Abschluß der Gleichnisrede in 13. 53 auf. Wenige Verse später betont Matthäus, daß Jesus in seiner Vaterstadt ‘um ihres Unglaubens willen’ nicht viele Machttaten vollbrachte (13. 58). Von solchen Taten ist dann aber im folgenden wieder die Rede (14.1 ff.). Die Formel findet sich weiter am Abschluß der Gemeinderede, wieder unter Hinweis auf Taten Jesu: ‘Und eine große Volksmenge folgte ihm nach, und er heilte sie dort’ (19. 1 f.). Von weiteren Wundertaten ist hier dann freilich nicht die Rede. –Em letztes Mai setzt Matthäus die Übergangsformel an den Abschluß der endzeitlichen Reden (Kap. 24–25) und markiert so den Übergang zur Passionsgeschichte (26. 1), die hier die Tatseite des Christuswerkes Jesu repräsentiert.
Die Täuferüberlieferung der Evangelien steht nicht am Rande. Das gilt sonderlich für Matthäus und Lukas, die über Markus hinaus eine breitere Wortüberlieferung kennen. Dabei handelt es sich vor allem urn zwei Komplexe: die Täuferreden Mt 3 par Lk 3 und das an die Johannesfrage anschließende Urteil Jesu über den Täufer Mt 11.2–19 par Lk 7.18–35. Die weitgehende Parallelität der Überlieferung wird gemeinhin damit begrüindet, daß beide Evange-listen aus Q schöpfen. Eher ist aber an literarische Abhangigkeit von Matthäus zu denken. Daß Lukas das Matthäusevangelium kennt und literarisch benutzt, habe ich schon an anderem Ort dargelegt. Da sich diese These nicht allgemeiner Anerkennung erfreut, soil sie am Beispiel der Täuferüberlieferung weiter erhärtet werden. Das Gewicht der Täuferüberlieferung im Lukasevangelium zeigen schon die Kindheitserzählungen in den ersten beiden Kapiteln. Hier werden Johannes und Jesus in überbietender Parallelität einander zugeordnet. Auf eine solche überbietende Paralellität stoßen wir auch in dem viel diskutierten Vers Lk 16. 16, mit dem wir die Untersuchung beginnen.
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