Zusammenfassung
Hintergrund Okuläre Tuberkulose ist eine seltene, jedoch wichtige Differenzialdiagnose bei Entzündungen jeglicher Augenstrukturen inkl. der Augenoberfläche und der okulären Adnexe.
Die Diagnostik der Gewebe kann durch deren Unzugänglichkeit zur Biopsie, oftmals unspezifischen Veränderungen und den insensitiven Erregernachweis erschwert sein. Wir interessierten uns
dafür, wie viele tuberkuloseassoziierte Fälle im Archiv des Schwerpunkts Ophthalmopathologie seit 1945 diagnostiziert wurden.
Material und Methoden Wir führten eine retrospektive Analyse historischer Befunde und Präparate des Schwerpunktes Ophthalmopathologie der Klinik für Augenheilkunde in Freiburg durch.
Verfügbare Schnitte befundeten wir hinsichtlich Granulomen, Nekrosen, Riesenzellen, säurefester Stäbchen sowie chronischer und akuter Entzündung systematisch neu und verglichen den aktuellen
und historischen Befund. Weiterhin beschreiben wir einen aktuellen Fall eines Patienten mit Iristuberkulose.
Ergebnisse Unter 50 418 seit 1945 befundeten histopathologischen Fällen fanden wir 23 Befunde von 22 Patienten mit Diagnose einer okulären oder periokulären Tuberkulose. Hiervon
waren 22 Präparate (96%) archiviert und zur Neubefundung verfügbar. Vier Präparate (17%) stammten von Kindern. Die am häufigsten entnommenen Gewebe waren enukleierte Bulbi (10/23, 44%),
gefolgt von Tränensack- (5/23, 22%) und Bindehautpräparaten (2/23, 9%). Die häufigsten histopathologischen Befunde waren Granulome (23/23, 100%), eine chronische Entzündung (22/23, 96%),
Riesenzellen (21/23, 91%) und Nekrose (14/23, 61%). Eine akute entzündliche Reaktion fand sich in 4/23 Präparaten (17%). Der Nachweis säurefester Stäbchen war aus 5 Präparaten angestrebt
worden und hiervon in 3 Fällen gelungen (60%). Die größte Diskrepanz zwischen historischer und retrospektiver Beurteilung zeigte sich im Vorhandensein von Nekrosen (Übereinstimmung in 13/22
Fällen, 59%). Die übrigen Befunde wurden mit hoher Übereinstimmung erhoben (78 – 96%). In einem aktuellen Fall mit Iristumor führte die histopathologische Aufarbeitung zeitgleich mit einem
Leistenpunktat zur Tuberkulosediagnose bei zuvor tumorös interpretierter B-Symptomatik.
Schlussfolgerung Die okuläre Tuberkulose ist eine seltene, aber wichtige histopathologische Differenzialdiagnose. Das klassische Merkmal einer nekrotisierenden Entzündung war in den
verfügbaren Präparaten am seltensten und wurde zudem historisch und aktuell verschiedentlich bewertet. Weitere typische Befunde wie Riesenzellen und ein prädominant lymphozytäres Infiltrat
können auch in Fällen mit Erregernachweis fehlen, sodass diese bei entsprechendem Verdacht nicht als obligat angesehen werden sollten.