Die Herstellung eines Phosphan-stabilisierten Diborens, Et 3 P·(Mes)B=B(Mes)·PEt 3 (4), durch Reduktion von Et 3 P·B 2 Me s 2 Br 2 mit KC 8 in Benzol ermçglichte erstmals eine detaillierte Untersuchung der elektronischen Eigenschaften der B = B-Bindung im Vergleich mit dem kürzlich beschriebenen NHC-stabilisierten Diboren IMe·(Dur)B = B(Dur)·IMe (1). Ein entscheidendes Merkmal dieser Spezies ist die Gegenwart ungewçhnlich elektronenreicher Borzentren. Cyclovoltammetrie, UV/Vis-Spektroskopie und DFT-Rechnungen offenbarten eine starke Abhängigkeit der Reduktionspotentiale und Absorptionseigenschaften der B = B-Bindung von der Lewis-Base. Demnach bedingt die stärkere s-Donorfähigkeit und hçhere Elektronegativität des NHC-Liganden ein energetisch hçher-liegendes HOMO, was 1 zu einem stärkeren neutralen Reduktionsmittel macht als 4 (1: E 1/2 = À1.55 V; 4: À1.05 V), sowie einen kleineren HOMO-LUMO-Abstand in 1, verbunden mit einer signifikanten Rotverschiebung der niederenergetischsten Absorptionsbande im Vergleich zu 4. Wegen ihrer stark negativen Reduktionspotentiale kçnnen die Diborene 1 und 4 relativ einfach zu sehr seltenen Bor-zentrierten Radikalkationen oxidiert werden (5 und 6).Die Forschung auf dem Gebiet der Hauptgruppenelementchemie konzentriert sich in letzter Zeit verstärkt auf die Realisierung homoatomarer Mehrfachbindungen ohne Beteiligung des Elements Kohlenstoff.[1] Allerdings sind derartige Systeme in der Borchemie bisher sehr selten, was grçß-tenteils auf den starken Elektronenmangel des Borkerns zurückzuführen ist. Infolgedessen verwundert es nicht, dass die ersten stabilen B-B-Mehrfachbindungssysteme durch Auffüllen der leeren B-B-p-Orbitale infolge einer Reduktion geeigneter Diborane(4) realisiert werden konnten, wobei einige wenige Radikalanionen oder Dianionen erhalten wurden (Abbildung 1).[2] Zudem sollten theoretischen Studien zufolge auch neutrale B = B-und B B-Bindungssysteme eine gewisse Stabilität aufweisen.[3] Die Isolierung einer derartigen Spezies war jedoch äußerst aufwändig und erforderte eine Stabilisierung der Borzentren durch Lewis-Basen. So gelang Robinson et al. die Isolierung des hochreaktiven Diborens H-B = B-H in Form seines zweifachen Basenaddukts unter Verwendung N-heterocyclischer Carbenliganden (NHC-Liganden; Abbildung 1).[4]
Hierbei wurde NHC·(H)B=B(H)·NHC(NHC = IDip = 1,3-Bis(2,6-diisopropylphenyl)imidazol-2-yliden oder NHC = IMes = 1,3-Bis(2,4,6-trimethylphenyl)imidazol-2-yliden) in verhältnis-mäßig geringen Ausbeuten durch Wasserstoffabstraktion aus dem Reaktionsmedium gebildet. Zudem war die reduktive Kupplung von NHC·BBr 3 mit der Bildung von Nebenprodukten wie NHC·(H) 2 B-B(H) 2 ·NHC verbunden. Aus diesem Grund haben wir vor kurzem einen verbesserten und breiteren Zugang zu neutralen, Basen-stabilisierten Diborenen entwickelt. Die Verwendung von sterisch anspruchsvollen Arylsubstituenten am Borzentrum ermçglichte hier die Isolierung der stabilen Diborene IMe·(R)B = B(R)·IMe (1: R = Dur = 2,3,5,6-Tetramethylphenyl; 2: R = Mes = 2,4,6-Trimethylphenyl; IMe = ...