Zusammenfassung
Ziel der Studie Es werden erste Ergebnisse einer sozio-historischen
Betrachtung der Lebensgeschichten von DDR-PsychotherapeutInnen vorgestellt. Die
im Rahmen des Projektes Seelenarbeit im Sozialismus
durchgeführten Interviews sollen Aussagen zu sozialen und
familiären Hintergründen, Bildungswegen und gesellschaftlicher
Position ermöglichen. Ein exemplarischer Fall wird vorgestellt, um
Hypothesen zur Ausgestaltung professionellen Handelns von
DDR-PsychotherapeutInnen zu entwickeln.
Methode Narrative/biographische Interviews werden als Quelle
für historische und soziologische Forschungsstrategien aufbereitet.
Für eine deskriptive Darstellung der in den Interviews geschilderten
Themen wurde induktiv ein fallübergreifendes Kategoriensystem erstellt,
das Aussagen zur Häufigkeit bestimmter Charakteristika
ermöglichen soll. Der hier beschriebene Einzelfall wird anhand der
Methode der Grounded Theory analysiert.
Ergebnisse Ein erster Überblick über die Stichprobe
bezieht sich auf demographische Merkmale der interviewten Personen, ihren
Bekanntheitsgrad und die berufliche Qualifikation. Die interviewten
PsychotherapeutInnen lassen sich bezüglich ihrer Geburtsjahre
unterschiedlichen Dekaden der historischen Entwicklung der DDR-Psychotherapie
zuordnen und werden im Hinblick auf ihre soziale Herkunft (Elternberufe), ihre
berufliche Laufbahn (Verteilung der Qualifikationswege), ihre
Parteimitgliedschaft (SED bzw. Blockpartei) und erlebte Benachteiligungen durch
den Staat charakterisiert. Im Fallbeispiel wird die Abhängigkeit der
professionellen Haltung von sozialisatorischen Einflüssen verdeutlicht.
Diskussion In der Studie kann letztlich eine heterogene Gruppe von
PsychotherapeutInnen der DDR dargestellt werden, über deren Biographien
die historische Entwicklung der Psychotherapie in der DDR nachgezeichnet werden
kann. Mit Blick in die Herkunftsfamilien der Akteure zeigt sich, dass die Berufe
der Väter überproportional häufig im Bereich der
selbstständigen Unternehmer sowie Akademiker angesiedelt waren. Zudem
waren nur wenige PsychotherapeutInnen der Stichprobe Mitglied in der SED,
dafür werden jedoch häufige Benachteiligungen durch den Staat
benannt. Als Schlussfolgerung der Falldarstellung kann eine hohe Bedeutung von
Reflexivität aufgewiesen werden. Dies weist auf ein reflexives
professionelles Selbstverständnis hin.
Schlussfolgerung Weitere Auswertungen sollen Hypothesen zur
gesellschaftlichen und politischen Positionierung sowie zum professionellen
Selbstverständnis von DDR-PsychotherapeutInnen prüfen.