Kaum eine Frage scheint sich in der Medizin bei oberflächlichem Hinsehen so exakt beantworten zu lassen wie die nach dem Ablauf der Eiweißspaltung im Magen, und kaum ein Problem gibt der Verdauungsphysiologie bei genauerer Betrachtung auch heute noch mehr Rätsel auf als gerade dieses. Die landläufige Auffassung, wonach das Pepsin im Magen optimale Wirkungsbedingungen vorfinde, weil die Reaktion der abgesonderten Salzsäure extrem sauer ist und mit der Spitze der Pepsinaktivitätskurve zusammenfällt (pH 1,2), hat sich eindeutig als unrichtig erwiesen: In einem leeren Magen, der nur saures Magensekret enthält, gibt es nämlich S. Buchs Universitäts.Kinderklinik Basel (Vorsteher: Prof. Dr. G. Stalder) nichts zu verdauen, und in einem vollen Magen stumpft gerade das zu verdauende Eiweiß dank seiner enormen Pufferkapazität die Magensalzsäure von pH 1,2 auf pH 3S ab, auf Werte also, bei denen das Pepsin unwirksam ist. Diese Pufferkapazität nimmt mit der kontinuierlichen Zersetzung des Speisebreies infolge der fortschreitenden Freilegung von NH2-und COOH-Gruppen nach Spaltung der Peptidbindungen sogar immer mehr zu, und die fortlaufend abgesonderte Salzsäure muß in erster Linie dazu verwendet werden, die frisch entstandenen Puffer abzusättigen. Erst wenn dies geschehen ist, kann sie die Acidität des Chymus erhöhen.