Zusammenfassung
Hintergrund
Steigende Notrufzahlen und vermehrte Inanspruchnahme notfallmedizinischer Versorgungsstrukturen sind derzeit Gegenstand umfassender gesundheitspolitischer Debatten in Deutschland. Die vorliegende Arbeit untersucht in einer repräsentativen Befragung die Kenntnisse, das Verhalten und mögliche Ursachen in Zusammenhang mit dem Notruf 112 im Land Berlin.
Methode
In Zusammenarbeit mit Infratest dimap wurde eine Telefonumfrage nach dem Random-digit-dialing(RDD)-Verfahren mit einer repräsentativen Zufallsstichprobe von 1002 Personen der deutschsprachigen Berliner Wohnbevölkerung zu Kenntnissen und dem Umgang mit dem Notruf 112 durchgeführt. Eingeschlossen wurden Menschen im Land Berlin, die zum Befragungszeitraum mindestens 14 Jahre alt waren und über einen Festnetzanschluss verfügten. In 12 Fragen wurden Informationen zum Wissensstand über den Notruf 112, alternative Versorgungsstrukturen, das Nutzungsverhalten der Befragten und alternative Hilfsangebote einschließlich standardisierter Fallbeispiele abgefragt. Experteninterviews wurden ebenfalls durchgeführt.
Ergebnisse
58 % der Befragten gaben an, den Notruf 112 für medizinische Notfälle, 74 % für Notfälle der Brandbekämpfung zu kennen. 91 % der Befragten gaben an, dass sie den Notruf 112 nur bei lebensbedrohlichen medizinischen Situationen wählen würden. Befragte männlichen Geschlechts, ältere Menschen und Befragte mit einem niedrigeren Bildungsstand gaben häufiger an, den Notruf 112 auch bei nicht lebensbedrohlichen medizinischen Problemen in Anspruch zu nehmen. Alternativen zum Notruf kannten 56 % der Befragten, wobei insbesondere die hausärztliche Versorgung kaum eine Rolle spielte. Experten sehen die fehlende Verfügbarkeit von Alternativen als ursächlich für die zunehmende Frequenz von Notrufen.
Schlussfolgerung
Fehlende suffiziente Alternativen in der Notfallversorgung könnten bei der vermehrten Inanspruchnahme des Notrufs eine Rolle spielen. Dennoch scheint die Berliner Bevölkerung durchaus mit der richtigen Nutzung des Notrufs vertraut zu sein. Die Gesundheitskompetenz von vulnerablen Gruppen sollte in Bezug auf das Wissen zum Notruf 112 gestärkt werden. Eine Bevölkerungskampagne könnte einen sinnvollen Ansatz darstellen. Weiterhin muss die Verfügbarkeit alternativer Versorgungsformen verbessert werden.