Zusammenfassung
Hintergrund Tumornekrosefaktor-α-Inhibitoren für die Behandlung entzündlich-rheumatischer Erkrankungen gehören zu den umsatzstärksten Arzneimitteln in der Gesetzlichen Krankenversicherung in Deutschland. Hohen Arzneimittelkosten stehen eine hohe Wirksamkeit, der Erhalt der Erwerbsfähigkeit und die Vermeidung chirurgischer Eingriffe gegenüber. Potentielle Einsparungen sind mit der Zulassung von Biosimilars verbunden. Ziel unserer Studie ist es, ein Simulationsmodell zur Kosten-Nutzwert-Analyse der Biosimilar-Therapie bei ankylosierender Spondylitis (AS) zu entwickeln und das Kosten-Nutzwert-Verhältnis des Biosimilars Inflectra® gegenüber dem Infliximab-Originator-Präparat Remicade® zu bestimmen.
Material und Methoden Wir entwickeln ein Individual Patient Sampling Modell zur Simulation von 10 000 virtuellen Patienten über ihre gesamte Lebenszeit. Die Patienten erhalten entweder Remicade® oder Inflectra®. Eine Evaluation der Therapie findet nach jedem 6-monatigen Zyklus statt. Die Verbesserung des funktionellen Status (BASFI) wird erfasst, in Lebensqualität konvertiert und mit der natürlichen Progression verglichen. Für jeden simulierten Patienten werden die zusätzlich gewonnenen, qualitätskorrigierten Lebensjahre (QALYs) sowie direkte und indirekte Kosten protokolliert.
Ergebnisse Die Patienten erzielen durchschnittlich 4,61 QALYs mit Remicade® ggü. 4,86 QALYs mit Inflectra®. Die direkten Kosten betragen exklusive Mehrwertsteuer und Zwangsrabatten 96.407,67 € für Remicade® ggü. 77.194,65 € für Inflectra®. Die indirekten Kosten belaufen sich auf 440.972,54 € ggü. 439.314,28 € über die Lebenszeit eines Patienten. Die Gesamtkosten betragen 537.380,21 € ggü. 516.508,93 € exklusive Mehrwertsteuer und Zwangsrabatten. Das inkrementelle Kosten-Nutzwert-Verhältnis ist für Inflectra® negativ, d. h. die Patienten gewinnen mehr QALYs bei geringeren Gesamtkosten. Die Sensitivitätsanalysen zeigen die Robustheit der Ergebnisse bei der Veränderung von Therapiedauer, natürlicher Progression, Mortalitätsrate, Behandlungszeit mit nichtsteroidalen Antirheumatika und Inflationsrate.
Schlussfolgerung Unser gesundheitsökonomisches Modell für AS simuliert Kosten und Nutzen verschiedener Therapien über die gesamte Lebenszeit von 10 000 virtuellen Patienten. Die Simulationsergebnisse zeigen das Einsparungspotenzial durch den Einsatz des Infliximab-Biosimilars Inflectra® im Vergleich zum Originator-Präparat Remicade®. Der Einsatz des Biosimilars führt durchschnittlich zu einer Senkung der direkten Kosten um 23.573,55 €. Für den internationalen Vergleich der Ergebnisse ist es sinnvoll, die deutsche Mehrwertsteuer sowie Zwangsrabatte von den Arzneimittelkosten abzuziehen. In diesem Fall beträgt die Ersparnis 19.213,02 €. Die Zulassung weiterer Biosimilars für die ebenfalls umsatzstarken Wirkstoffe Adalimumab und Etanercept hat das Potenzial, Arzneimittelkosten für entzündlich-rheumatische Erkrankungen weiter zu senken. Klinische Studien müssen vor der gesundheitsökonomischen Analyse die Vergleichbarkeit der Biosimilars in Wirkung und Nebenwirkungsprofil sicher stellen.