Aufgrund der Alterung unserer Gesellschaft unterziehen sich zunehmend mehr Patienten mit kardialer Vorerkrankung einem operativen Eingriff. Vielfach belegt ist, dass die Inzidenz kardialer Komplikation bei diesen ohnehin gefährdeten Patienten gerade in der perioperativen Periode nochmals deutlich ansteigt. Neben Veränderun-gen im Gerinnungssystem ("Hyperkoagulation"), Hypovolämie, Hypothermie und Anämie stellen die perioperative Stressantwort und die hieraus resultierende, häufig überschießende Aktivität des sympathoadrenergen Systems einen wichtigen, wenn nicht sogar den entscheidenden Risikofaktor für kardiale Komplikationen dar. Die rein mechanistische Vorstellung, die perioperative kardiale Morbidität und Letalität von Patienten mit koronarer Herzkrankheit (KHK) präoperativ durch revaskularisierende Maßnahmen [z. B. perkutane koronare Intervention (PCI), koronare Bypassoperation, "coronary artery bypass graft" (CABG)] zu senken, hat erst vor wenigen Monaten erneut einen deutlichen Rück-schlag erlitten: In einer randomisierten Untersuchung an 50 Patienten mit angiographisch gesicherter KHK fand sich kein Nutzen einer präoperativen Bypassoperation bzw. PCI vor größeren elektiven Gefäßope-rationen im Vergleich zur einer Kontrollgruppe, die ohne vorherige Revaskularisation operiert wurde []. Der optimalen perioperativen Regulierung des sympathoadrenergen Systems kommt somit einmal mehr eine herausragende prophylaktische Bedeutung zu. Das vorliegende Leitthema von Wacker et al. vermittelt eine detaillierte und kenntnisreiche Darstellung der pathophysiologischen Grundlagen, aber auch der praktischen Durchführung einer perioperativen Modulation des Sympathikotonus [2]. Alle derzeit gängigen Therapiekonzepte (z. B. β-Blocker, α 2 -Agonisten, rückenmarknahe Anästhesie) werden ausführlich diskutiert und deren klinischer Nutzen einer kritischen Würdigung unterzogen. Die Lektüre des Artikels beantwortet dabei nicht nur eine Vielzahl praktischer Fragen des klinisch tätigen Anästhesisten, sondern macht auch rasch klar, dass wir es mittlerweile in einigen Bereichen mit einem schwer lösbaren therapeutischen Dilemma zu tun haben: Zum einen existieren für klar definierte Kollektive von Risikopatienten (z. B. solche mit etablierter KHK vor größeren Gefäßeingriffen) eindeutige Vorteile quoad vitam durch die präopera-tive Dämpfung des Sympathikotonus (z. B. durch β-Blockade); Konsequenzen, die sich hieraus für die Behandlung zwingend ergeben müssten, werden jedoch Umfragen zufolge bislang nur in 30-40% der Fälle prä-operativ umgesetzt, ein im wahrsten Sinne (lebens-)bedrohliches Defizit mit gleichzeitig negativen finanziellen Auswirkungen auf das Krankenhausbudget. Auf der anderen Seite droht bei der grundsätzlich positiven Diskussion zu diesem Themenkomplex der Blick dafür verloren zu gehen, dass der Nutzen einer perioperativen Modulation des Sympathikotonus für viele andere Szenarien bislang nicht durch klinische Studien belegt ist. Dennoch kommt das Konzept einer Suppression des Sympathikotonus vielerorts "gieß-kannenartig" ...