Prädiktoren der Legalbewährung nach forensischer Suchtbehandlung – Zweiter Teil einer Übersichtsarbeit zu Erfolgsdeterminanten einer Unterbringung gemäß § 64 StGB

Abstract

Zusammenfassung Hintergrund Ehe eine forensische Suchtbehandlung gemäß § 64 StGB gerichtlich angeordnet werden kann, ist eine Erfolgsprognose zu stellen und zu bejahen. Der Suche nach entsprechenden Prädiktoren für eine „hinreichend konkrete“ Erfolgsaussicht widmeten sich in den vergangenen Jahren einige Studien. Dabei stellt die Legalbewährung nach Entlassung das gesetzlich vorgesehene Erfolgskriterium forensischer Suchtbehandlung dar. Zielsetzung Als zweiter Teil einer zweiteiligen Gesamtschau zu Erfolgsdeterminanten forensischer Suchtbehandlung gibt die vorliegende Arbeit einen Überblick über die aktuelle Befundlage zu Prädiktoren der Legalbewährung nach forensischer Suchtbehandlung und setzt diese in Beziehung zu der Studienlage bezüglich Prädiktoren des Entlassmodus. Methodik Basierend auf systematischer Literaturrecherche werden dabei die Ergebnisse von acht empirischen Studien aus dem Zeitraum 2002–2019 vertieft aufbereitet und in einer Überblickstabelle dargestellt. Ergebnisse Trotz im Detail heterogener Befunde weisen einerseits das Vorliegen motivationaler, lebenspraktischer und sozialer Ressourcen, andererseits die deliktische Vorgeschichte und Eigenschaften der aktuellen Delinquenz relativ klare Bezüge zur Legalbewährung nach erfolgter forensischer Suchtbehandlung auf. Zugleich treten bei ausschließlicher Betrachtung der Legalbewährung als einzigem Kriterium der Behandlungsprognose konzeptionelle Unschärfen zutage, da diese dann durch die Kriminalprognose überlagert wird. Schlussfolgerung Die Grenzen des gegenwärtigen Forschungsstands legen für die Erstellung einer Behandlungsprognose gem. § 64 StGB ein zweischrittiges Vorgehen nahe: zunächst könnte anhand der Prädiktoren des Entlassmodus die Frage geprüft werden, als wie wahrscheinlich ein regulärer Therapieverlauf angesehen werden kann; sodann könnte anhand der Prädiktoren der Legalbewährung geprüft werden, ob auf eine rückfallpräventive Wirkung forensischer Suchtbehandlung geschlossen werden kann. Beide Teile der Übersichtsarbeit können forensisch-psychiatrische Sachverständige daher bei der Stellung einer reliablen Prognose der Behandlungsaussicht unterstützen. Ergänzend sollte überlegt werden, ob die Informationsgrundlage für Sachverständige etwa durch eine probatorische Phase verbessert werden könnte.

Mandatory substance use treatment for justice-involved persons in Germany: a systematic review of reoffending, treatment and the recurrence of substance use outcomes

“…Butz ( 28 ) found that rates of reconviction were significantly positively correlated with substance-related index offences, and that having no prior offence was linked with lower rates of reconviction. Querengässer et al ( 27 ) found a range of offences positively correlated with reconviction rates with the strength of the relationship in the following descending order: property crime, assault, an ‘other’ category including traffic offences, arson, ‘other’ violent crimes including attempted offences, homicide, offences against the Betäubungsmittelgesetz (BtMG; Narcotics Law), and sexual offences. Koch ( 30 ) reported no significant association between index offence type and reconviction, a finding replicated in Bezzel ( 32 ) study of reoffending.…”

“…Meta-analysis would not have produced meaningful insights given the number of variables measured in the literature and heterogeneous operationalisations [for example, number of past criminal offences was variously measured as: low, medium, and high severity in Gericke and Kallert ( 26 ); total number of officially recorded convictions in, for example, Querengässer et al ( 27 ); and number of self-reported offences in Butz ( 28 )]. Therefore, we have chosen to present the findings as a narrative synthesis in line with the general framework proposed by the Centre for Reviews and Dissemination ( 29 ).…”

“…A more recent review of 16 studies published after 1999 in German looking at predictors of treatment completion found that age, past criminal convictions, comorbid personality disorders, use of substances other than alcohol, educational and vocational attainment, withdrawal from previous substitution programmes, and needs mostly identified as substance-related instead of criminogenic, are the strongest predictors ( 22 ). A second review conducted at the same time by the same authors address predictors of reoffending after discharge ( 23 ). The authors report mixed findings but suggest that patient motivation, living circumstances and resources, and offending history were the most reliable predictors.…”

Prädiktoren der Erledigung bei nach §64 StGB untergebrachten Patienten – Ein Literaturreview

“…Prädiktoren einer positiven Legalbewährung waren das Vorhandensein lebenspraktischer, sozialer und motivationaler Ressourcen, weiterhin spielen Delinquenzfaktoren wie eine hohe Vorstrafenbelastung, Vorbehandlungen in der Forensik und das Anlassdelikt (eher ungünstig: BtMG-Delikt; eher günstig: Körperverletzungs-, Straßenverkehrs-, Brandstiftungs-, Sexualdelikt) eine Rolle. Insgesamt wurde jedoch auch darauf hingewiesen, dass die Erkenntnisse nur eine bedingte Vorhersage ermöglichen und nicht zu verallgemeinern sind, da sie über eine Zeitspanne von 20 Jahren in mehreren Bundesländern von verschiedenen Arbeitsgruppen bei unterschiedlichen Populationen mit variierenden Methoden erhoben wurden 10 .…”

Verkürzte Therapiekonzepte im Maßregelvollzug gemäß §64 StGB: Ein maßgeschneiderter Behandlungspfad?

“…eines primär kriminellen Verhaltens mit sekundär einsetzendem Substanzkonsum. Eine umfassende Übersicht über die aktuelle Studienlage hinsichtlich möglicher Erfolgsdeterminanten einer forensischen Suchtbehandlung bieten zwei aktuelle Arbeiten von Querengässer und Baur 10 11 . Patienten mit einer Kombination aus frühem Beginn des kriminellen Verhaltens, problematischen Indikatoren für soziale Integration (beruflicher Werdegang, Bildungsgrad etc.)…”