Zusammenfassung
Vollzugsöffnende Maßnahmen sind ein wichtiger Bestandteil des auf Resozialisierung ausgelegten Strafvollzugs. Obwohl ihre rückfallpräventive Wirkung theoretisch plausibel ist, gibt es wenig Forschung zum Zusammenhang zwischen Vollzugslockerungen und Rückfälligkeit, die detailliert Unterschiede und Rückfalldaten von gelockerten und nicht gelockerten Straftätern analysiert. Die vorliegende Studie untersucht, welche Risikofaktoren mit vollzugsöffnenden Maßnahmen bei Sexualstraftätern assoziiert sind und ob Lockerungen mit Rückfälligkeit zusammenhängen. Die Daten stammen von allen 2004 bis 2015 in Bayern entlassenen Sexualstraftätern mit mindestens zwei Jahren Freiheitsstrafe (n = 1.496). Für jeden Entlassenen wurde von den Fachdiensten der Justizvollzugsanstalten ein umfassender Fragebogen ausgefüllt, der auch die Items des Static-99 enthält. Rückfälligkeit wurde über das Bundeszentralregister (BZR) eingeholt und lag für n = 1.241 Sexualstraftäter vor. Etwa 30 % der Sexualstraftäter erhielten in Haft Lockerungen. Der Anteil war signifikant höher für jüngere, behandelte, geständige, weniger kriminell vorbelastete, deutsche und sozial besser integrierte Gefangene sowie für jene, die in Haft nicht disziplinarisch auffällig wurden und die niedrigere Werte im Static-99 hatten. Gelockerte Gefangene wurden im 3-Jahres-Zeitraum seltener rückfällig als nicht-gelockerte, der Zusammenhang verschwand aber nach Berücksichtigung der Entlassungssituation. Sexualstraftäter, die in ungünstige Lebensumstände entlassen wurden, hatten binnen 7 Jahren ein fast 1,6-fach erhöhtes Risiko, erneut straffällig zu werden, auch unter Kontrolle weiterer Risikofaktoren. Erklärungsmodelle und Implikationen für die Vollzugsplanung werden diskutiert.