Zusammenfassung
Hintergrund In der stationären kardiologischen Rehabilitation
werden Patienten idealerweise nach psychosozialen Risikofaktoren gescreent und
psychologisch betreut. Herzbezogene Ängste bei kardiologischen
Erkrankungen können die Lebensqualität erheblich
beeinträchtigen und sowohl die Prognose des Krankheitsverlaufs als auch
die soziale und berufliche Teilhabe beeinflussen. Aufgrund der Diskrepanz
zwischen der, in der Literatur berichteten, Prävalenz der Herzangst und
dem, durch die Patienten in der Klinik Roderbirken geäußerten
Bedarf an psychologischer Betreuung, vermuteten die Autoren, dass ein Teil der
Patienten diesen Bedarf nicht selbständig äußert. Ziel
der Studie war es, diese Patienten durch ein einfaches Screening-Instrument zu
identifizieren, um ihnen eine adäquate psychologische Betreuung
anzubieten und dadurch die Rehabilitationsziele, darunter den Erhalt der
Erwerbsfähigkeit, zu sichern.
Methode Die vorliegenden Daten wurden in einer monozentrischen
Querschnittsstudie in der Rehabilitationsklinik Roderbirken, Leichlingen, NRW,
erhoben. Die Patienten wurden einmalig mit einem standardisierten Fragebogen,
bestehend aus dem Herzangstfragebogen, der Hospital Anxiety and Depression Scale
und der Skala I des Screening-Instruments Beruf und Arbeit in der Rehabilitation
befragt. Soziodemographische und klinische Daten wurden aus dem Kliniksystem
ergänzt. Die Auswertung der Daten erfolgte mithilfe
deskriptiv-statistischer und regressionsanalytischer Verfahren. Ein Ethikvotum
liegt vor.
Ergebnisse Nach Bereinigung des Datensatzes konnten 507 Patienten in die
Analyse eingeschlossen werden (82,6% Männer, mittleres Alter
gesamt 54,4±7,1 Jahre). Von diesen meldeten 40,0% einen Bedarf
an psychologischer Betreuung an. Bei 15,7% aller Patienten lag eine
Herzangst nach dem Herzangstfragebogen vor, von denen wiederum 59,0%
einen Bedarf an psychologischer Betreuung anmeldeten. Es zeigte sich, dass
insbesondere Patienten mit diagnostizierten psychischen Erkrankungen
Betreuungsbedarf äußerten (57,6 vs. 0,7%;
p<0,05). Die subjektive Erwerbsprognose war mit Herzangst und mit der
Depressionssymptomatik nach Hospital Anxiety and Depression Scale assoziiert (je
p<0,001), des Weiteren mit der Ausbildung und dem beruflichen
Status.
Diskussion Die Ergebnisse der Selbstbeurteilungsfragebögen und die
Betrachtung sozioökonomischer sowie klinischer Patientencharakteristika
geben Hinweise auf ein Bedarfsprofil hinsichtlich des psychologischen
Betreuungsbedarfs und eine negative subjektive Erwerbsprognose.
Schlussfolgerung Ein Screening mit der Hospital Anxiety and Depression
Scale ist geeignet, um die Identifizierung nicht geäußerter
psychologischer Betreuungsbedarfe und damit die Zielerreichung der beruflichen
Reintegration in der kardiologischen Rehabilitation zu unterstützen.