Schmerz und Heiligkeit Zur Performanz von Passio und Compassio in ausgewählten Passionsspieltexten (Mittelrheinisches, Frankfurter, Donaueschinger Spiel)

Abstract

Schmerz und Heiligkeit: Zur Performanz von Passio und Compassio in ausgewählten Passionsspieltexten (Mittelrheinisches, Frankfurter, Donaueschinger Spiel)Sucht man nach fundamentalen Merkmalen, die es erlauben, die deutsche Literatur des Spätmittelalters als eigene Epoche zu rekonstruieren 1 und sie darüber hinaus in andere kulturelle Dimensionen einzubinden, so ist zumindest für den Bereich des geistlichen Diskurses 2 eine spezifische, zunehmend dominierende emotionale Gotteserfahrung zu nennen. 3 Sie rückt das Transzendente, das Heilige, an den Menschen heran, versinnlicht es gleichsam, indem Gott nicht mehr nur erhöht und abgerückt im Gegenüber gedacht wird, sondern im affektiven Nachvollzug markanter Phasen des Erdenlebens Christi erfassbar erscheint. 4 Es handelt sich um eine »neue« Grundstruktur des »Gotteserlebnisses« und der Begegnung mit dem Heiligen, die durch unterschiedliche Übungen (Gebet und Meditation, Bildbetrachtung, Hören von Predigten, von Gesängen, Anschauen von Spielen u.a.) ausgelöst und verschiedenartig -auch auf unterschiedlichem Niveau -praktiziert werden kann. Das Leiden erscheint als der wesentliche Kontaktbereich für den

Emotionen als Gegenstand mediävistischer Literaturwissenschaft

“…Die Frage der Wirkung tangiert den strittigen Aspekt der Relationierung von Literatur und Realität. Schulze 2003Schulze und 2004Eming 2008 Aufgrund solcher Appellstrukturen lässt sich davon sprechen, dass literarische Emotionsdarstellungen ein wirklichkeitskonstituierendes Potential besitzen. Eine Unterscheidung dieser analytischen Ebenen ist für Gattungen der mittelalterlichen Literatur besonders relevant, in denen Emotionsdarstellungen einen appellativen Charakter haben, wie im Liebes-und Abenteuerroman (vgl.…”