ZusammenfassungBislang wurde davon ausgegangen, dass durch Hormonsubstitution die Häufigkeit arteriosklerotischer Erkrankungen wie v.a.von koronaren Herzerkrankungen (KHK) bis zu 50% reduziert werden kann und auch nach Herzinfarkt eine Prävention möglich erscheint.Seit HERS wird dieser Nutzen in Frage gestellt und verstärkt über Risiken diskutiert.Die kritische Analyse insbesondere jüngster Studien zur KHK und die Berück-sichtigung auch der metabolischen und vaskulären Hormonwirkungen zeigt, dass die Abwägung von Nutzen und Risiko sehr differenziert vorgenommen werden muss.Gefährdet sind v.a.Frauen unter einer Hormonbehandlung in den ersten Monaten nach einem Infarkt.Des Weiteren zeigt die kürzlich abgebrochene WHI-Studie, dass auch für scheinbar "gesunde" Frauen bei Behandlungsbeginn erst im höheren Alter, v.a. bei Vorliegen von Risikofaktoren, eher mit einer Gefährdung als mit kardiovaskulärer Prä-vention zu rechnen ist, da häufig bereits arteriosklerotische Veränderungen bestehen. Da das Infarktrisiko direkt nach der Menopause ansteigt, ist ein Nutzeffekt am ehesten bei frühzeitiger Substitution des fehlenden Östradiols in physiologischen Dosen zu erwarten.Bis dazu Interventionsstudien vorliegen, sollte jedoch keine HRT zum ausschließ-lichen Zwecke einer Prävention begonnen werden.Bei bereits erhöhtem Risiko sollten Östrogene und v.a.Gestagene möglichst niedrig dosiert werden.
SchlüsselwörterArteriosklerose · Hormonsubstitution · Koronare Herzerkrankungen · Nutzen · Risiko Die Arteriosklerose ist die häufigste Erkrankung des Menschen, ein chronischer, multifaktorieller proliferativer Prozess der Gefäßwandzellen, der zur Verhärtung und Elastizitätsverlust mit Einengung des Lumens und arterieller Dysfunktion führt. Neben genetischer Komponenten wird die Erkrankung gefördert bzw. verursacht durch: Störun-gen im metabolischen Stoffwechsel (Lipide, Kohlenhydrate, Gerinnung), entzündliche Prozesse, Hypertonie, Stress, Toxine, Übergewicht, Bewegungsmangel, Nikotinkonsum etc., wobei verschiedene Labormarker wie erhöhte LDL-, erniedrigte HDL-Cholesterinspiegel, erhöhte Triglyzerid-, Lipoprotein (a)-und Homocysteinspiegel sowie die Feststellung einer verringerten Insulinsensitivität als unabhängige Prädiktoren verifiziert werden konnten.Mit über 1000 In-vitro-und Invivo-Studien zählen die kardiovaskulä-ren Wirkungen der Östrogene zu den am besten untersuchten endokrin-pharmakologischen Paradigmen. Die kardiovaskulären Wirkungen des körpereige-nen Östradiols sind -neben den Wirkungen im reproduktiven System -vermutlich mit die wichtigsten Hormoneffekte, um regulativ in physiologische und pathophysiologische Prozesse einzugreifen. Die Wirkungen betreffen vor allem 4 Teilbereiche:den Stoffwechsel der Lipide, • den Stoffwechsel der Kohlenhydrate, • das System von Gerinnung und Fibrinolyse sowie • direkte vaskuläre Effekte, d. h. die Ergebnisse aus den klinischen Studien reflektieren v. a. den Nettoeffekt aus diesen Wirkungskomponenten.Durch eine Hormonsubstitution ("hormone replacement therapy", HRT) werden nahezu alle beka...