Sexuelle Repräsentationen, Normen, Werte und Praktiken sind eng verknüpft mit jeweils spezifischen historischen und kulturellen Kontexten. Im Laufe der sexuellen Sozialisation und in Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Sexualnormen und Werte bildet sich eine sexuelle Identität als Mischung aus individuellen Begehrensstrukturen, sexualitätsbezogenen Haltungen und Einstellungen. Durch Digitalisierung haben sich die sexuellen Sozialisationsbedingungen von Jugendlichen in den vergangenen Jahrzehnten in hohem Tempo verändert. Digitale Medien werden genutzt, um sexuelle Interaktionen und Kommunikation online zu gestalten. Doch erweitern sich nicht nur Möglichkeitsräume für selbstbestimmte Sexualität, sondern auch Risiken durch sexuelle Grenzverletzungen. Ein besonderes Phänomen ist das sogenannte Sexting, also der einvernehmliche Austausch selbstproduzierter freizügiger Bilder. Noch gibt es im deutschen Sprachraum allerdings kaum empirische Daten darüber, wie Sexting von Jugendlichen erlebt und genutzt wird, ebenso existieren nur wenige, überwiegend quantitative Studien zu den Erfahrungen Jugendlicher mit nicht-konsensuellem Sexting. Ziel dieses Beitrags ist es, basierend auf den Befunden einer rekonstruktiven Interviewstudie zu einer Differenzierung des Diskurses um Sexting und die damit einhergehenden geschlechtsbezogenen Zuschreibungen beizutragen. Dazu wird zunächst der Stand der Forschung dargestellt, bevor die dem Beitrag zugrunde liegende Studie vorgestellt wird. Anhand der dokumentarischen Analyse von Gruppendiskussionen werden Einblicke in die Orientierungen von Schüler:innen gegeben. Besonderes Augenmerk liegt auf der Rekonstruktion der Orientierungen Jugendlicher auf Normalität und Geschlecht. Es lassen sich mit den «Experimentierenden», den «Kritisch-Reflexiven» sowie den «Abstinenten» drei relationale Typen differenzieren, die im Fazit in Bezug auf Normalitätskonstruktionen und Geschlechterdimensionen dargestellt werden.