Barbara Stelzl-MarxKriege hören nicht auf, wenn die Waffen schweigen. Kriege haben Vorgeschichten, und sie haben Folgen: im privaten Leben und in der Gesellschaft, in der Politik und Wirtschaft, in sozialen, humanitären oder kulturellen Bereichen. Kriege beschädigen die menschliche Seele und die unterschiedlichsten Beziehungen, oft über Generationen hinweg. Ihre Spuren sind häufig -auf den ersten Blick -unsichtbar, doch nichtsdestotrotz vorhanden, gleichsam subkutan, eingebrannt in Biographien ebenso wie in Orte. "Kontaminierte Landschaften" 1 nennt Martin Pollack die zahllosen Flecken Mitteleuropas, an denen namenlos gewordene, heimlich begrabene Tote bis heute liegen. Parallel dazu gibt es kaum ein Dorf in Österreich, in dem nicht ein Kriegerdenkmal an die Gefallenen des Ersten und Zweiten Weltkrieges erinnert. Weitaus seltener finden sich Erinnerungszeichen an die Opfer des NS-Regimes. Dass militärische Auseinandersetzungen zu allen Zeiten vor allem Tod und Leid hervorbrachten, ist die einfachste Erkenntnis; inwiefern die Folgen noch Jahrzehnte später spürbar sind, ist Gegenstand zeithistorischer, aber auch interdisziplinärer Forschung."Was bleibt vom Krieg?" ist die zentrale Frage, die sich die Forschung in Zusammenhang mit den Auswirkungen von Kriegen und Konflikten stellt. Dazu gehören staatliche, gesellschaftliche, ökonomische sowie soziale, humanitäre und kulturelle Folgen von Kriegen und Konflikten im 20. Jahrhundert. Der vorliegende Beitrag skizziert die Genese und aktuelle sowie einige offene Fragenstellungen der Kriegsfolgenforschung in Österreich im Rahmen der vier Themenkomplexe Weltkriege, Kalter Krieg, Kinder des Krieges und Zwangsmigration. Diese stellen zugleich die Programmlinien des 1993 gegründeten Ludwig Boltzmann Instituts für Kriegsfolgenforschung (BIK), Graz -Wien -Raabs, dar, das die Forschung in diesem Bereich sowohl national als auch international prägte und nach wie vor vorantreibt. 2