Zusammenfassung
Hintergrund
Als „pseudogesund“ gelten Patienten, deren Testwerte in symptombezogenen Selbstbeurteilungsverfahren sich nicht von Personen der Allgemeinbevölkerung unterscheiden. Dennoch nehmen die „Pseudogesunden“ psychotherapeutische Behandlungen in Anspruch. Die vorliegende Studie geht daher der Frage nach, ob, und ggf. wie, sich „pseudogesunde“ Patienten in ihrer Psychotherapiemotivation von jenen mit hoher Symptombelastung unterscheiden.
Material und Methoden
Es wurden 1883 voll- und teilstationäre behandelte Patienten einer universitären Klinik für psychosomatische Medizin untersucht. Neben der Selbstbeurteilung mithilfe des „Fragebogen zur Messung der Psychotherapiemotivation“ (FMP) erfolgte die Fremdeinschätzung durch die Bezugstherapeuten auf Grundlage der Achse I „Krankheitserleben und Behandlungsvoraussetzungen“ der Operationalisierten Psychodynamischen Diagnostik (OPD-2).
Ergebnisse
Der Anteil der „Pseudogesunden“ betrug knapp 26 %. In dieser Gruppe waren somatoforme Störungen überzufällig häufig vertreten. „Pseudogesunde“ zeichneten sich im Vergleich zu den „belasteten“ Patienten sowohl in der Selbst- als auch in der Fremdbeurteilung durch einen geringeren Leidensdruck, eine an somatischen Ursachen orientierte Laienätiologie und eine insgesamt geringere Psychotherapiemotivation aus.
Diskussion
Die erhobenen Befunde deuten darauf hin, dass psychotherapiemotivierende Interventionen vor oder zu Beginn der Behandlung bei „pseudogesunden“ Patienten in erster Linie auf die Förderung eines angemessenen Krankheitsverständnisses abzielen sollten, auch um Therapieabbrüche zu vermeiden.