Professor Robert Weiss zum 70. Geburtstag gewidmetHalogenbrücken sind attraktive nichtkovalente Wechselwirkungen zwischen terminalen Halogenatomen in Verbindungen des allgemeinen Typs R-X (X = Cl, Br, I) und LewisBasen (LBs). [1][2][3] Voraussetzung für die Bildung einer starken Halogenbrücke ist ein möglichst elektronegatives Fragment R, beispielsweise in Form polyfluorierter Alkyl-oder Phenylreste (Schema 1). [1,2] Dadurch wird einerseits eine Region positiven elektrostatischen Potentials an der von R abgewandten Seite des Halogenatoms induziert ("s-Loch") [4] und andererseits der n!s*-Ladungstransfer der Lewis-Base mit dem Halogenbrückendonor R-X begünstigt.[5] Die elektronische Natur der Wechselwirkung bedingt bei Halogenbrü-cken einen R-X···LB-Winkel von ca. 1808 und somit eine hohe Direktionalität. [2a,b] Obwohl schon lange bekannt und nachgewiesen, [5a,b] haben Halogenbrücken erst seit den 1990er Jahren verstärk-tes Interesse erfahren. [2a,b, 6] Neben grundlegenden Arbeiten wurden bisher vor allem Untersuchungen zum rationalen Design von Festkörpern veröffentlicht, [2b,c, 7] etwa für Flüs-sigkristalle [8] und leitfähige Materialien.[9] Starke Halogenbrücken (XBs) wurden hierbei oftmals mit Halogeniden als Lewis-Basen beobachtet. [2a, 10] Auch in Lösung gab es schon früh Hinweise [11] (und inzwischen auch Nachweise) [3c, 12] für das Auftreten von XBs. Erste Anwendungen in Form von XBbasierten Halogenidrezeptoren wurden aber erst kürzlich vorgestellt.[13] Bolm et al. berichteten zudem über die katalytische Wirkung von XB-Donoren des Typs 1 (Schema 1) bei der Reduktion von Chinolinderivaten. [14] Die Eigenschaft von Thioharnstoffderivaten, [15] als Rezeptoren für Anionen fungieren zu können, wurde in letzter Zeit zunehmend zur Aktivierung von Substraten und zur asymmetrischen Induktion in Wasserstoffbrücken-basierten organokatalytischen Reaktionen eingesetzt. [16,17] Dabei bindet der Katalysator an (meist während der Reaktion freigesetzte) Halogenide, [17b,d] Angesichts der zahlreichen Beispiele von Halogenbrü-ckenaddukten mit Halogenidsalzen hatten wir uns zum Ziel gesetzt, Kohlenstoff-Halogen-Bindungen mit starken XBDonoren zu aktivieren. Deren Koordination an die freien Elektronenpaare des terminalen Halogenatoms sollte zumindest eine Lockerung der entsprechenden C-X-Bindung, wenn nicht im Extremfall sogar eine heterolytische Spaltung bewirken können. Zusätzliche Triebkraft für die Gesamtreaktion (beispielsweise die Substitution des Halogenids durch ein zugesetztes Nucleophil) könnte aus der Unlöslichkeit des gebildeteten XB-Addukts aus XB-Donor und Halogenidsalz resultieren. Im weitesten Sinne würde der XB-Donor somit als organisches Ag + -¾quivalent fungieren. Als ideales Testsubstrat zur Verwirklichung dieser Idee erschien uns Benzhydrylbromid [20] (4; Tabelle 1), dessen vergleichsweise labile C-Br-Bindung beispielsweise von Ag + -Salzen aktiviert werden kann.[21] Deuteriertes Acetonitril als Solvens sollte einerseits gute Lösungseigenschaften gewähr-leisten und zudem die Bildung von XB-Add...