Zu den häufigsten Aufgabenstellungen im Bereich des Eisenbahnbrückenbaus gehört der Ersatz von Brücken im Bereich kleiner und mittlerer Stützweiten, in welchen der größte Anteil der Eisenbahnbrücken fällt. Die zu ersetzenden alten Tragwerke waren in der Regel mit offener Fahrbahn ausgeführt worden, die neuen Tragwerke sollten jedoch eine geschlossene Fahrbahn mit einem Schotterbett aufweisen, dessen Dicke im Anwendungsbereich der ÖBB im Regelfall 55 cm beträgt. Aus diesem Grund und weil die Gradiente meist kaum angehoben werden kann, muss die Bauhöhe der Tragwerke in der Regel radikal beschränkt werden. Für eingleisige Brücken im Stützweitenbereich von 10–25 m und mit extrem geringer Bauhöhe kommen Trogbrücken in Betracht, bei welchen das Fahrbahndeck durch ein 120 mm dickes Stahlgrobblech gebildet wird. Die vorliegende Arbeit widmet sich dem Ermüdungsnachweis der geschweißten Verbindung zwischen der Fahrbahnplatte und den Stegen des Trogquerschnitts.
In einer ersten Veröffentlichung wurde für den Ermüdungsnachweis an dem geschweißten Detail mit zwei Längsnähten einer eingleisigen Eisenbahnbrücke mit Trogquerschnitt und einem 120 mm dicken Stahlgrobblech als Fahrbahndeck das Kerbspannungskonzept als geeignet beschrieben. Es wurden die Grundlagen für die Ermittlung der Kerbspannungen mittels FEM dargelegt, es wurde gezeigt, wie die Kerbfaktoren als Einzelergebnisse zu Funktionen zusammengefasst werden können, und es wurde eine von insgesamt neun Kerbfunktionen (sechs für die obere Schweißnaht, drei für die untere Schweißnaht) detailliert hergeleitet. In der vorliegenden Arbeit werden für die obere Schweißnaht die übrigen fünf Kerbfunktionen und das Zusammenwirken der Schnittgrößen mitgeteilt und diskutiert. Anhand eines Beispiels wird die praktische Nachweisführung gezeigt. Für die Dimensionierung der Schweißnähte erweist sich der Ermüdungsnachweis für die Längsrichtung als das maßgebende Kriterium. Schließlich werden Hinweise für die Wahl der Schweißnahtdicken gegeben.
Nach EN 1993‐2 kann der Ermüdungsnachweis von Eisenbahnbrücken auf der Grundlage der Schnittgrößen infolge des Lastmodells 71 geführt werden. Dazu müssen diese mit einem dynamischen Beiwert Φ2 und einem Schadensäquivalenzfaktor λ multipliziert werden. In der vorliegenden Arbeit werden für drei Standard‐Verkehrsmischungen Spannweitenbeiwerte λ1 für vierseitig, an den Längsrändern drehelastisch gelagerte Platten von eingleisigen Brücken im Stützweitenbereich zwischen 10,0 und 27,5 m angegeben. Aus den Spannweitenbeiwerten λ1 können unter Berücksichtigung des Verkehrsvolumens pro Jahr und der Nutzungsdauer die gesuchten Schadensäquivalenzfaktoren λ ermittelt werden.
Eisenbahnbrücken mit extrem gedrückter Konstruktionshöhe im Stützweitenbereich bis ca. 18 m lassen sich als Trogbrücken mit schweren Walzträgern als Hauptträger und quergespannter, in Brückenlängsrichtung mitwirkender Fahrbahnplatte ("WIB": Walzträger‐in‐Beton, Grobblech, orthotrope Platte) realisieren. Technisch relevante Probleme ergeben sich durch die Materialauswahl für die dickwandigen Konstruktionselemente und aus den schweißtechnischen Anforderungen. Trotz der vergleichsweise hohen Stahltonnagen können sich mit diesen Brücken wegen der geringen Höhen, ihrer besonderen Robustheit, Dauerhaftigkeit und einfachen Herstellung (weitgehende Vorfertigung ist möglich!) wirtschaftliche Lösungen ergeben.
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