Der Ausdruck "Begriffsklärung" weckt zu hohe Erwartungen. Es müsste eigentlich "Versuch" heißen. Die frühere hierarchische Gliederung des Deutschen in Hochsprache. Umgangssprache. Halbmundart. Mundart hätte weniger Mühe mit der Begriffsklärung gehabt. Empirisch untersucht wurden ohnehin nur die Dialekte oder Mundarten. Die Hochsprache war mit Orthographie. Orthophonie und Ortho-Grammatik wenn nicht wohldefiniert, so doch in allen Teilen fixiert. Umgangssprache und Halbmundart galten von beiden Polen her als in der Forschung zu vernachlässigende Mischfomien.Die jüngere Terminologie zur Sprachgliederung: Standard. Substandard. Nonstandard, auf die sich die strukturalistische und die empirische Richtung der Linguistik verständigt haben, sieht zwar schlanker und präziser aus. wird aber sogleich diffus, sobald man sie mit Varietäten weiter untergliedern oder Standard mit dem System-oder Nonnbegriff präzisieren will.Die Gliederungsvorschläge und Merkmalszuweisungen stammen in der Regel nicht aus empirischer Objektbeobachtung. Es sind hypothetische Klassifikationsversuche oder "Modelle". die sich auf eigene Spracherfahrung und -intuition berufen. Daraus resultiert eine Vielfalt von Definitionsanläufen trotz vordergründig einheitlicher Benennung.Das Tagungsthema wird indessen in Form einer konkreten Frage paraphrasiert: "Wie viel Variation verträgt die deutsche Standardsprache". Es sollte daher möglich sein, nicht die Vielfalt der angebotenen Definitionen zu betonen, sondern für die Begriffe bzw. Phänomene Standard, Variation, Standardvariation, deutsche Standardsprache eine operationale Definition oder Umschreibung zu finden, die soweit tauglich ist. dass die Frage beantwortet werden kann, welche Art von Variation innerhalb der Standard-Grenzen anzusiedeln ist und welche außerhalb. Die Folgen der theoretischen Zuordnung von "Variation" zu Standard oder Nonstandard sind von recht praktischer Natur, nicht nur für die Dudenredaktion.
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