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Eine anspruchsvolle BeziehungIn einem ersten Teil zu dieser Thematik (Sozial Extra 3|4/2007) wurde die Besonderheit des fotografi schen Bildes näher erläutert; nun soll das Verhältnis von Sozialfotografi e und Sozialberichterstattung im Mittelpunkt stehen 1 . Bereits 1909 forderte Lewis Hine (1874-1940), der in Chicago studiert hatte 2 , SozialarbeiterInnen mit einem Lichtbildervortrag auf, die Fotografi e als Medium der Dokumentation in ihrer sozialkritische Öffentlichkeitsarbeit mehr zu berücksichtigen: "Die Maxime des Sozialarbeiters ist …: ‚Es werde Licht!' und in diesem Feldzug für das Licht haben wir als Vorhut den Licht-Schreiber, den Fotografen. (…) Der schnellste Fortschritt in der Sozialarbeit muss … durch eine Popularisierung des Fotografi erens bewirkt werden... Wenn wir Hunderte dieser Fotos haben, wie ich sie gezeigt habe, unterstützt durch Beobachtungsprotokolle, Interviews, Namen und Adressen, sind wir dann nicht besser in der Lage, diejenigen zu widerlegen, die aus Optimismus oder Heuchelei behaupten, es gebe keine Kinderarbeit in Neu-England? " (Hine 1999, S.272 u. 271). Hine hat diese teilnehmende fotografi sche Beobachtung und Dokumentation, die in den 1920er Jahren dann zur sozial engagierten Fotografi e bzw. zur Sozialfotografi e weiterentwickelt wurde 3 , in vielfältiger Weise erprobt; so bei seinen -angedeuteten -Arbei-ten für das National Child Labor Commitee (NCLC), die Child Welfare Leage und das Rote Kreuz (vgl. Kaplan/ Hine 1988). Er hat dabei aber -angesichts seiner soziologischen Kenntnisse: erstaunlicherweise -dem Spannungsfeld von Foto und Text innerhalb des Methodenspektrums einer multiperspektivischen Sozialforschung wenig Aufmerksamkeit geschenkt; er ging pragmatizistisch von einer weitgehenden Harmonie dieser Verfahren aus und die Metapher vom "Licht-Schreiber" überspielt die strukturellen Differenzen. Die schwierige Beziehung zwischen beiden Medien, die eine anspruchsvolle Verschränkung notwendig macht, resultiert daraus, dass einerseits der Text (hier im engen, verbalen Sinne verstanden) in seiner Entstehung und Rezeption eine bestimmte Zeitspanne umfasst (er ist also diachron) und er enthält sinnlich-anschauliche und abstrakte, mimetische und diskursive Analyse-und Darstellungsmittel. Demgegenüber durchschneidet das einzelne Foto den historischen Ablauf, ist eine Momentaufnahme, die im richtigen Augenblick eine charakteristische Ereignisstruktur und/oder einen Erlebniszusammenhang dokumentarisch erfasst, interpretativ zum Ausdruck bringt und von den BetrachterInnen in seiner Gesamtheit gleichzeitig, also synchron wahrgenommen wird; und das sowohl in unmittelbar vorbegriffl icher wie auch refl ektierter Weise. Während die von dem Menschen erinnerten Bilder in einem Erfahrungszusammenhang stehen, sind die Fotografi en aus diesem herausgelöst und von daher zunächst zusammenhangslos. Gleichwohl stehen sie in einem sinnstiftenden, vergangenheits-und zukunftsbezogenen Ereignis-und Erlebniszusammenhang und dieser muss durch die Bildinterpretation erschlossen werden, wenn die hera...
Auf dem Weg zur Ganztagsbildung in der Zweiten ModerneEs gehört zu den internationalen Besonderheiten des österreichischen (wie des deutschen) Bildungswesens, dass sich im 20. Jahrhundert neben dem Halbtagsschulsystem ein komplexes und anspruchsvolles System der Kinder-und Jugendwohlfahrt herausgebildet hat (vgl. Knapp/Lauermann 2007, Teil I). Nun besteht seit dem Schuljahr 2006/7 ab einer Gruppengröße von 15 ein Rechtsanspruch der Eltern auf ganztägige Betreuung. Im Jahre 2007 hat das Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur (in Österreich liegt die Kulturhoheit beim Bund) "Empfehlungen für gelungene schulische Tagesbetreuung" herausgegeben (im weiteren als "EsT" zitiert); wenn dieses pädagogisch sehr durchdachte Konzept mittelfristig realisiert wird, dann führt das zu einer nachhaltigen Veränderung der Beziehungen zwischen Schule und Sozialer Arbeit. 1 Soziale Desintegrationsprozesse In der "Ersten Moderne" hatte die Schule die Funktion der Qualifi zierung, der berufsbezogenen Selektion, der poStichworte Ganztagsbildung, Ganztagsschule, Schulsozialarbeit, Sinndimensionen, allgemeine Bildung, Soziale (Des-) Integration, sozialpädagogische Profi lbildung der Schule. Nutzen Neue Perspektiven für die Kooperation von Schule und Sozialer Arbeit. Das Wichtigste in Kürze Es wird erläutert, wie die Ganztagsschule als Chance genutzt werden kann, die Schulsozialarbeit als Bestandteil der sozialpädagogischen Profi lbildung von Schule zu verankern. litischen Legitimation und der Kulturaneignung zu erfüllen. Dabei wurde vorausgesetzt, dass die Heranwachsenden die für die aktive Teilhabe an den Unterrichtsprozessen erforderlichen sozialen Kompetenzen außerschulisch erworben haben (zumeist durch naturwüchsige Aneignungsprozesse in der Familie und den sozialen Milieus); dass davon nicht mehr umstandslos ausgegangen werden kann, zeigt auch eine aktuelle Befragung von 720 SchülerInnen in drei mittelgroßen Bezirksstädten im Burgenland und in Nieder-bzw. Oberösterreich: • Über 80 % der Befragten zwischen dem 10. und 18. Lebensjahr haben Ausgrenzungserfahrungen gemacht, viele von ihnen grenzen auch selbst andere bewusst aus. • Rund 42 % meinen, schlechte Erfahrungen mit Heranwachsenden aus anderen Kulturen gemacht zu haben und daher diese Menschen zu meiden, hier sind vor allem Jungen ab dem 15. Lebensjahr zu fi nden; rund 10% gehen aktiv gegen Kinder anderer Herkunft vor. 7,5 % können deshalb bestimmte Plätze in ihrem Sozialraum nicht nutzen. Nahezu zwei Drittel meinen beobachtet zu haben, wie Kinder oder Jugendliche aufgrund ihrer Herkunft aus sozialen Gruppen ausgeschlossen wurden. • Geschlechtsspezifi sche Ausgrenzung erleben vor allem Mädchen. 13 % der Mädchen geben an, dass ihre Eltern bei der Wahl des Ehepartners die maßgeb-liche Entscheidung haben. Rund 15 % (vor allem Jungen) fühlen sich gegenüber dem anderen Geschlecht in der Schule benachteiligt. • 16 % der Kinder und Jugendlichen haben erlebt, dass sie wegen ihres Aussehens von anderen lächerlich gemacht wurden. • Desintegrationserfahrungen aufgrund bestimmter...
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