Mit fleiß zu Teütsch tranßferiertSchaidenreissers Odyssea im Kontext der humanistischen Homer-Rezeption Eine deutschsprachige Antikenübersetzung des 16. Jahrhunderts verspricht aus literaturwissenschaftlicher Perspektive ein besonders lohnendes Objekt fur die Untersuchung von Übertragungsprozessen zu sein, wird in der Zeit des Humanismus doch nicht nur zahlenmäßig ein Höhepunkt an Übersetzungen verzeichnet, 1 sondern auch eine Veränderung der Reproduktionsweise beobachtet: In seinem programmatischen Aufsatz Wiedererzählen und Übersetzen unterscheidet FRANZ JOSEF WORSTBROCK die mittelalterliche Praxis der inhaltlichen Wiedergabe von dem humanistischen Übersetzen im engeren Sinne, für das die Vorstellung von der unverletzlichen Autorität des Ausgangstextes konstitutiv ist. 2 Umgesetzt worden zu sein scheint das Ideal einer getreuen Reproduktion jedoch primär in lateinischen Übersetzungen und griechischen Editionen. Während in der Forschungsliteratur die humanistischen Bemühungen um korrekte Ausgaben als Keimzelle moderner Philologie und Textkritik gewürdigt werden, 3 sind in der Volkssprache vor allem Strategien mittelalterlicher Textreproduktion nachgewiesen worden. Das Vorgehen eines Niklas von Wyle, der das Original bis in die Syntax hinein wiederzugeben sucht, 4 findet keine Nachahmung, statt-1
ZusammenfassungDie Einleitung stellt den praxeologischen Ansatz des SPP 2130 ‚Übersetzungskulturen der Frühen Neuzeit‘ vor. Übersetzen gilt als zentrale und ubiquitäre Kulturtechnik der Frühen Neuzeit, durch die sich diese Epoche maßgeblich konstituiert. Das SPP 2130 setzt bei aktuellen translationswissenschaftlichen Theorien an, historisiert diese und überträgt sie auf frühneuzeitliche Translationsphänomene. Durch die Kombination philologischer, anthropologischer und gesellschaftlicher Translationskonzepte wird eine Übersetzungsdefinition entwickelt, die interdisziplinär anschlussfähig ist und sowohl für die Sprach- und Literaturwissenschaften als auch für die Bild-, Musik- und Geschichtswissenschaften eine tragfähige Basis bietet. Der gestufte Übersetzungsbegriff ermöglicht es, ganz unterschiedliche Methoden und Praktiken einzubeziehen und inter- und intralinguale Übersetzungen ebenso zu berücksichtigen wie intermediale, interkulturelle und performative Übertragungsprozesse.
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