Die Leges der germanischen Reiche und Stämme, auch als Stammesrechte, Volksrechte oder Leges barbarorum bezeichnet, bilden eine spezifische und zusammenhängende Rechtsquellengattung. Es ist dies nicht erst eine Einordnung späterer historischer Klassifikation, sondern ergibt sich bereits daraus, dass die unterschiedlichen Leges in der Mehrzahl nicht als einzelne Texte, sondern in Sammelhandschriften überliefert sind. So erscheint etwa die Lex Alamannorum handschriftlich vielfach in Verbindung mit den fränkischen, bayrischen, burgundischen, langobardischen und anderen Gesetzestexten sowie häufig mit der westgotischen Lex Romana.1 Inhaltlich rechtfertigt sich die Zusammenschau aber auch dadurch, dass die Leges trotz verschiedenem kulturellem Umfeld materiell mehr oder weniger das gleiche Regelungsziel verfolgen und daher formell einem ähnlichen Stil verpflichtet sind, nicht zuletzt aber weil deren Textgut infolge von Rezeptionen sachliche wie wörtliche Kongruenzen und Zusammenhänge, selbst über weite Räume hinweg, aufweist. Als zeitlicher Rahmen lässt sich für die Textsorte ziemlich genau die Spanne vom Ende des 5. bis zum Anfang des 9. Jahrhunderts bestimmen. Dabei können fünf teilweise übereinander greifende Phasen unterschieden werden. Den Beginn macht die westgotische Gesetzgebung, die sich von den letzten Jahrzehnten des 5. bis ins 7. Jahrhundert erstreckt und die auch die nachmals weit verbreitete Lex Romana Visigothorum einschließt. Eine zweite gleichsam fortgesetzte Phase bilden zu Beginn des 6. Jahrhunderts die fränkische Lex Salica und die burgundische Lex Burgundionum, letztere mit einer parallelen römischrechtlichen Kompilation. Einer dritten Etappe sind die Kodifikationen des 7. Jahrhunderts zuzuordnen, wozu die fränkische Lex Ribuaria, das langobardische Edictum Rothari und der alemannische Pactus zu rechnen sind. Zur vierten Phase des 8. Jahrhunderts gehören die Lex Alamannorum
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