ZusammenfassungBis heute birgt das Internet das Versprechen, alle Menschen in einem globalen Kommunikationsnetz horizontal zu vereinen. Doch seit einigen Jahren gibt es Bemühungen autoritärer wie demokratischer Staaten, sowohl digitale Anwendungen als auch die physischen und technischen Infrastrukturen des Internets ihrem souveränen Zugriff zu unterwerfen. Und auch die „Big Tech“-Unternehmen versuchen zunehmend, „ihren“ digitalen Raum exklusiv zu kontrollieren. In der Folge mehren sich die Warnungen vor einer möglichen Fragmentierung des Internets. Um diese Warnungen einzuordnen, bedient sich der Beitrag der Netzwerktheorie und zeichnet die Konflikte und Entwicklungen nach, die das Internet seit den frühen Visionen der Internet-Exzeptionalisten in den 1990er-Jahren bis zu aktuellen Souveränitätsbestrebungen geprägt haben. Es wird sichtbar, dass sowohl Staaten als auch Unternehmen seit einiger Zeit eine fundamentale Rekonfiguration der globalen digitalen Ordnung herbeizuführen versuchen. Ihr Bemühen, die Macht über Teilnetze zu festigen, verändert dabei auch die Strukturen des globalen Netzes und geht mit einer Stärkung autoritärer Ordnungsvorstellungen einher. Vor der Kontrastfolie der kosmopolitisch-liberalen Vision eines global geeinten Netzes stellt sich dies zwar als Fragmentierung dar. Der netzwerktheoretische Zugriff macht jedoch deutlich, warum die Pluralisierung des Internets noch nicht mit dessen Fragmentierung gleichzusetzen ist.