ZusammenfassungDer Beitrag folgt Luhmanns These, der zufolge die Legitimation des politischen Systems durch das verfahrensförmige Gefügig-Machen der Beteiligten bewerkstelligt wird und fragt danach, über welche Strukturelemente die Interaktionsordnung der Hauptverhandlung von Strafverfahren verfügt, mit deren Hilfe diese realisiert wird. Er folgt dabei der Annahme, dass diese interaktionalen Regeln und Mechanismen (und nicht die Rechtsordnung oder die Einsicht der Beteiligten) Legitimation sichern, indem sie den Verfahrensbeteiligten Hilfsmittel an die Hand geben, Identitätsgefährdungen zu bewältigen. Für Luhmann war dies, im Fall des Unterlegenen im Zivilverfahren, insbesondere die prozessuale Lockerung der Ansprüche des Verlierers. Anhand zweier Beispiele wird gezeigt, dass für Angeklagte in Strafverfahren, die ein Geständnis ablegen, eine andere Identitätsbedrohung zu bewältigen ist: Die intime Bindung ihrer Schuld an ihre Person, die das Verfahren erzwingt und für alle Anwesenden wahrnehmbar macht, macht es erforderlich, im Sinne Goffmans korrektiv tätig zu werden. Die Interaktionsordnung der strafrechtlichen Hauptverhandlung samt der Erwartungen an die Rollendarstellungen hält für diese Korrekturen verschiedene Stellen und Mittel bereit, die nicht ohne den Rückgriff auf außerrechtliches Wissen zu verstehen sind.