ZusammenfassungIn dem Beitrag wird die Schlichtung zum Bahnneubauprojekt Stuttgart 21 aus einer verfahrenssoziologischen Perspektive untersucht und damit die Fruchtbarkeit der Luhmann’schen Verfahrenstheorie für nicht-klassische Verfahren ausgelotet. Die These ist, dass die Schlichtung zu Stuttgart 21 eine Legitimation durch Verfahren im Luhmann’schen Sinne bewirkte. Dabei wird festgestellt, dass eine wichtige Voraussetzung, die Luhmann in seiner Verfahrenstheorie identifiziert, nicht gegeben war: Die Schlichtung beruhte nicht auf einer rechtlich fundierten Konditionalprogrammierung, die zulässige Beiträge und Darstellungen verfahrensintern definierte. Deshalb fragt der Beitrag danach, wie dieses Defizit kompensiert werden konnte und entwickelt dazu das Argument, dass dem in den Schlichtungssitzungen kommunikativ konstruierten Publikum eine wichtige Rolle in der Ausbildung schlichtungsinterner Erwartungen und damit der Ausdifferenzierung des Verfahrenssystems aus seiner Umwelt zuzuschreiben ist. Um diese Interpretation zu plausibilisieren, diskutiert der Aufsatz exemplarisch Resultate aus einer qualitativen Rekonstruktion des Publikumsbezugs in den Schlichtungsprotokollen zu Stuttgart 21.