Zusammenfassung
Hintergrund Physiotherapeuten behandeln meist fremde Personen, häufig mit Körperkontakt. Dies kann einen erheblichen Stressfaktor darstellen. Der Kohärenzsinn wird als Bewältigungsressource gesehen, um psychisch und physisch gesund zu bleiben.
Ziel Die Ausprägung von psychischer Belastung, emotionaler (Sympathie, Antipathie), räumlicher und kultureller Nähe und Distanz in der Therapie wird aufgezeigt und in Relation zum Kohärenzsinn gebracht. Die Vorhersage der psychischen Belastung dient zur Entwicklung von gesundheitserhaltenden Strategien.
Methode 10 Vignetten zu typischen Situationen in der Einzeltherapie wurden erstellt, um Nähe und Distanz zu untersuchen. Die Einschätzung von psychischer Belastung, emotionaler, räumlicher, kultureller Nähe und Distanz erfolgte auf einer Skala von 0 – 10. Zur Messung des Kohärenzsinns wurde der Fragebogen SOC-29 vorgegeben.
Ergebnisse Insgesamt wurden 51 Physiotherapeuten und 102 Physiotherapeutinnen mit durchschnittlich 8,69 Jahren Berufserfahrung untersucht. Über alle Vignetten wurden 7 Skalen gebildet: psychische Belastung, Sympathie, Antipathie, räumliche und kulturelle Nähe und Distanz. Die am höchsten eingestuften psychischen Belastungen waren unfreundliche Patienten, unangenehmer Körpergeruch, unerwünschtes Eindringen in die Privatsphäre und unerreichbarer Therapieerfolg. Eine höhere psychische Belastung steht im Zusammenhang mit niedrigerem Kohärenzsinn, Partnerschaft mit Kindern, stärkerer Antipathie, kultureller Nähe und kürzerer Berufstätigkeit.
Schlussfolgerungen Aus der Nähe- und Distanzproblematik bei Physiotherapeuten resultierende psychische Belastung und geringer Kohärenzsinns als Bewältigungsressource hängen stark zusammen. Um die psychische Belastung gering zu halten, werden institutionelle und individuelle Strategien diskutiert.