In the history of life sciences, it has often been argued that the individual organism emerged, around 1800, as a four-dimensional entity -a temporalized entity. Against this backdrop, the article asks how research on development contributed to structuring the time of the organism in terms of a historical process, that is, by understanding a given phenomenon as brought forth by what preceded it and as establishing conditions for what will follow, thus relating the past, the present and the future in a specific way. To shed light on this conceptualization, we must take into account not only embryological research on morphogenesis but also physiological research on the genesis of vital functions and the causation of congenital anomalies. Three layers of structuring time in such research may be discerned: the making of a trans-natal continuity of the developing organism; a conceptualization of birth as a threshold of past and future that paradigmatically reveals the historical understanding of such developmental continuity; and an approach to intergenerational transmission that confronts developmental continuity with historical contingency. My contribution focuses on the work of William T. Preyer and Charles Féré but, in a genealogical vein, situates their work in the larger context of nineteenth-century research on development.
Im späten 19. Jahrhundert äußerten französische Psychiater eine alarmierende Vermutung : Bei Kindern, die während der preußischen Belagerung und der blutigen Revolten in Paris 1870 / 71 gezeugt worden waren, beobachteten sie gehäuft körperliche und psychische Anomalien. Das ließ aufhorchen: Konnte es sein, dass die turbulenten Ereignisse jener Jahre eine fatale Wirkung in der nachfolgenden Generation entfaltet hatten ?
Von dieser medizinhistorischen Episode ausgehend untersucht Caroline Arni die Geschichte der humanwissenschaftlichen Erforschung des Werdens von Menschen. Sie zeigt, wie Physiologen, Mediziner und Psychologen im 19. Jahrhundert das Ungeborene zum « Vorgeburtlichen » erklärten, wie sie im Leben des Fötus Ursprünge kindlicher Eigentümlichkeiten und Anfänge menschlicher Subjektivität suchten und wie sie im Körper der Schwangeren Vergangenheit und Zukunft der Gesellschaft miteinander verschränkten.
1911 sieht der Historiker, Nationalökonom und Soziologe Robert Michels einen »Sonnenball« »am Horizont bereits auftauchen«, wenn auch dessen »Strahlen [ ... ] noch blass und matt sind und noch nicht die Kraft haben, neues Leben zu spenden« (Michels 1911, 55). Zwar mit gezügeltem Enthusiasmus, aber mit viel Gewissheit wird hier auf dem Gelände zwischenmenschlicher Intimität ein utopos angesiedelt: Der Sonnenball nämlich, das ist die »neue Geschlechtsethik«, verstanden als »freiwillige Liebe« und »Mixtum compositum von gegenseitigem Verstehen, Kameradschaftsgefühl und Sinnlichkeit« (Michels 1911, 18. u. 120). Und diese Verheißung einer neuen Form der Geschlechterbeziehung schimmert nicht aus einem Nicht-Ort jenseits des Gegebenen in dieses hinein, sondern leitet als Morgendämmerung eine erwartete Zukunft ein. Dass Robert Michels' Entwurf einer neuen Geschlechtsethik als utopischer zugleich ein programmatischer war, entsprach ganz dem veränderten »spatio-temporalen Register« utopischen Denkens in der Modeme: Nicht mehr eigentlicher u-topos, wurde die Utopie nach 1800 zum Programm, das nach Realisierung »an jedem Ort« strebt und sich auf diese Weise als Handlungsorientierung in die Gegenwart einschreibt; sie erschien »nunmehr als nahe oder ferne Zukunft, auf welche die Menschheit unweigerlich zugeht« (Picon 2002, 25; Riot-Sarcey 1998). Dass umgekehrt dieser Entwurf als programmatischer zugleich ein utopischer war, hat nichts mit einem dem Liebesgefühl transhistorisch innewohnenden utopischen Überschuss zu tun. Vielmehr war es Ausdruck eines Zeitraums, in dem gesellschaftliche Verhältnisse wesentlich auch als Geschlechterverhältnisse neu geordnet wurden und diese Neuordnung im Sinn des Fortschrittsdenkens als eine progressive Vollendung menschlichen Potentials-als Verwirklichung der Utopl.e-gedacht war. Und in den Debatten über solche Neuordnungen wurde die heterosexuelle Liebe, in der Geschlechterverhältnisse als Geschlechterbeziehungen Form annehmen, mit entsprechender Bedeutung aufgeladen. Die Grundzüge der Michels'schen Vision waren denn auch nicht originell; vielmehr• sind sie exemplarisch für eine Konzeption des heterosexuellen Paars,
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