Die Industrial-Relations-Forschung und auch die Fachzeitschrift "Industrielle Beziehungen" hat -wie die Etymologie des Namens schon nahelegt -ihren historisch gewachsenen Schwerpunkt im Industriebereich. Obwohl sich die Tertiarisierung der Wirtschaft längst in den Forschungsthemen der Disziplin widerspiegelt, liegt ihr Schwerpunkt nach wie vor eher im Bereich maskulinisierter Arbeitsmarktsegmente mit institutionalisierten Mitbestimmungsstrukturen und vergleichsweise starken Gewerkschaften. Arbeitsbeziehungen in stärker feminisierten und häufig informalisierten Dienstleistungsbereichen werden (wenn überhaupt) eher als Randphänomene und Abweichungen von der Norm diskutiert. Letzteres gilt insbesondere für die so genannte "Sorgearbeit".Sorgearbeit zielt auf den Erhalt, die Förderung und die Formierung der körperlichen, emotionalen und sozialen Fähigkeiten von Personen. Sie umfasst damit, grob umrissen, die Bereiche Gesundheit, Pflege, Erziehung, Bildung und Betreuung. Bezahlte Sorgearbeit wird in sozialen Dienstleistungsberufen ausgeübt, und zwar überwiegend von Frauen. Diese Tätigkeiten erfordern spezifische Qualifikationen und stellen aktuell ein wachsendes Segment des Arbeitsmarktes dar.In den vergangenen Jahren haben die sozialwissenschaftlichen Debatten um den spezifischen Charakter und die Problemlagen von Dienstleistungsarbeit in sogenannten Sorgeberufen erheblich zugenommen. Ausgangspunkte dieser Debatte waren einerseits die Kritik systemisch verankerter Unsichtbarkeit konkreter Sorgetätigkeiten (Anderson, 2000), andererseits die Betonung des transformativen Potenzials einer Care-Revolution . Im Zuge des neoliberalen Umbaus von Wirtschaft und Sozialstaat, der Ökonomisierung von Sorgearbeit und der Veränderungen der Geschlechterarrangements entstehen im Bereich von Sorgearbeit neue Konflikte, die zudem eine erhöhte Sichtbarkeit besitzen. Von Kerstin Jürgens (2010) wurde die neue gesellschaftliche Brisanz der Sorgearbeit daher mit dem Begriff der Reproduktionskrise belegt.Zwischen Kritik, Krise und Erwartung haben mittlerweile viele Autoren und noch mehr Autorinnen konkrete Analysen zu teils spektakulären gesellschaftlichen Konflikten um Sorgearbeit erarbeitet. Im Zentrum stand dabei u.a. der enge Zusammenhang zwischen unbezahlter Haushaltsarbeit und Sorge-Erwerbsarbeit (Kohlen & Kumbruck, 2008; sowie die intersektionalen Verknüpfungen zwischen Sorge-364