Zusammenfassung
Hintergrund Urologische OberärztInnen in Deutschland stellen eine heterogene Berufsgruppe mit verschiedenen klinischen Schwerpunkten und Karriereabsichten dar. Bisher gibt es keine gesicherten Kenntnisse darüber, welchen Einfluss die Anzahl der Berufsjahre in dieser Position auf die aktuelle Berufsausübung und Zufriedenheit hat.
Material und Methoden Ziel der vorliegenden Studie war die vergleichende Analyse der berufsbezogenen Sichtweisen, des privaten und beruflichen Umfelds, der konkreten Tätigkeiten und der fachlichen Zielvorstellungen urologischer OberärztInnen in Deutschland anhand der Anzahl der Berufsjahre in dieser Position (Dichotomisierung bei 8 Jahren Oberarzttätigkeit). Im Rahmen einer Querschnittsstudie wurde ein 55 Items umfassender, webbasierter Fragebogen entwickelt, der als Link über den E-Mail-Verteiler der Deutschen Gesellschaft für Urologie versendet wurde und zwischen Februar und April 2019 für urologische OberärztInnen geöffnet war. Unterschiede zwischen beiden Gruppen wurden mittels multivariater Regressionsmodelle geprüft.
Ergebnisse 192 Studienfragebögen urologischer OberärztInnen waren auswertbar, von denen 107 (55,7 %) und 85 (44,3 %) eine Oberarzttätigkeit < 8 Jahre (< 8J-OÄ) bzw. ≥ 8 Jahre (≥ 8J-OÄ) aufwiesen. In der Gruppe < 8J-OÄ arbeiteten signifikant mehr Teilnehmer an Universitätskliniken (42,1 % vs. 18,8 %, p = 0,002). Insgesamt gaben 82,4 % der Teilnehmer in der Gruppe ≥ 8J-OÄ an, die offen operative Chirurgie eigenständig sicher durchzuführen, während dies in der Gruppe < 8J-OÄ nur von 39,3 % so eingeschätzt wurde (p < 0,001). Keine signifikanten Unterschiede bez. des eigenen Kompetenzniveaus fanden sich bei endourologischen Verfahren (94,1 % vs. 87,9 %) sowie bez. der insgesamt eher niedrig eingeschätzten eigenen Kompetenz in der Laparoskopie (29,4 % vs. 20,6 %) und der robotischen Chirurgie (14,1 % vs. 10,3 %). Trotz der hohen organisatorischen Verantwortung als urologische OberärztInnen hat nur ungefähr ein Drittel der Teilnehmer (34,8 %) eine Weiterbildungsmaßnahme zur Vorbereitung auf Leitungs- und Führungsaufgaben erhalten.
Schlussfolgerung Die vorliegende Studie zeigt deutliche Unterschiede bez. der operativen Fertigkeiten in Abhängigkeit von der Dauer der bisherigen OA-Tätigkeit. Außerdem wird eine erhebliche Unzufriedenheit mit der Förderung von Führungsqualitäten und der Vorbereitung auf Führungsaufgaben deutlich. Um qualifiziertes Personal langfristig als urologische OberärztInnen an den Kliniken im Fach Urologie zu binden, erscheint es notwendig, die Bedürfnisse der Berufsgruppe zu berücksichtigen und Defizite durch strategische Förderungen zu beheben.