Die Formulierung eines Grundrechts auf „schulische Bildung“ durch das BVerfG, und zwar als „Gewährleistungspflicht“ des Staates für einen „unverzichtbaren Mindeststandard schulischer Bildung“ wird im Beitrag als gravierende Zäsur in der bisher ein Grundrecht auf Bildung eher abwehrenden Rechtsprechung des Gerichts und der meisten Kommentatoren gewürdigt. Das neue Grundrecht wird zugleich in die seit dem 19. Jahrhundert konstante und breite Diskussion über das „Grundrecht auf Bildung“ als Recht auf ein „obligatorisches Bildungsminimum“ gestellt. Vom Status des Rechts als „derivatives“, „subjektives Leistungsrecht“ aus werden schließlich die Anschlussfragen und Handlungsmöglichkeiten für Bildungspolitik, Rechtswissenschaft und Bildungsforschung diskutiert.
Stichwort: "Grundbildung" und "Basiskompetenzen"Herkunft, Bedeutung und Probleme im Kontext allgemeiner Bildung Das Problem ist so alt wie die Selbstreflexion des modernen Bildungswesens: "Omnes, Omnia, Omnino" -"Alle, Alles, Allseitig" zu lehren, das war schon das Bildungsprogramm des COMENIUS und in den aktuellen Reflexionen allgemeiner Bildung bildet die Formel die Konsenszone aller politisch-pädagogischen Postulate (vgl. KLAFKI 1991;HEINRICH 2001). Neu ist, dass selbst in der deutschen bildungstheoretischen und -politischen Diskussion in der Konsequenz der empirischen Befunde über die Leistungsfähigkeit des deutschen Bildungswesens auch Alternativen zu dieser überlieferten Bildungskonzeption nicht mehr ignoriert werden können. Vor allem die knappen programmatischen Sätze über die "Theoretischen Grundlagen" und das "Grundbildungskonzept von PISA" (BAUMERT/STANAT/DEMMRICH 2001, S. 19ff.) haben in fast schon unerwarteter Weise eine sowohl allgemeine als auch schulbezogene Debatte über Bildung und Grundbildung, über die Funktion der Schule und über die Legitimität und Möglichkeit der Arbeit an "Basiskompetenzen" entstehen lassen (vgl. z.B. BENNER 2002;LADENTHIN 2002;MESSNER 2003). Nicht allein die beunruhigenden Daten, mehr noch die als provokant empfundenen theoretischen Optionen der PISA-Studie und des OECD-Kontextes sind verantwortlich dafür, dass die Tradition des Diskurses über Allgemeine Bildung herausgefordert wird und sich neue, und für Deutschland zum Teil durchaus ungewöhnliche, Formen der Thematisierung dieser Tradition entwickeln.Vor dem Hintergrund dieser Debatten, aber auch in Fortsetzung eigener Studien zu diesem Thema (vgl. TENORTH 1994), wird in den folgenden Überlegungen versucht, die Herkunft und den Platz des Konzepts der "Grundbildung" in der bildungstheoretischen Diskussion zu klären (1), die Bedeutung dieses Konzepts auch im Blick auf die Analyse und Gestaltung der Schule zu diskutieren (2) und einige der offenen Fragen, die dieses Konzept hinterlässt, wenigstens soweit zu bezeichnen, dass die notwendigen Anschlussarbeiten sichtbar werden (3). Die leitende These ist, dass sich vom Begriff der "Grundbildung" aus konfligierende Schichten des deutschen bildungstheoretischen Diskurses in ihrer Kontinuität bis zur Gegenwart aufzeigen lassen, von denen aus die ungeklärten organisatorischen, didaktischen und curricularen Fragen allgemeiner Bildung als Systemprobleme der deutschen Schule und als Reflexionsbarrieren ihrer Analyse sichtbar werden.
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